Micky Maus im Lunapark

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Warnung! Dieser Artikel behandelt rassistische Stereotype in einem historischen Kontext, inklusive negativer Darstellungen und/oder eine nicht korrekte Behandlung von Menschen oder Kulturen.
Eine Reproduktion dieser Stereotype mit nicht-dokumentarischer Absicht ist beleidigend und kann strafrechtlich relevant sein.
Micky Maus im Lunapark. (© Disney)

Micky Maus im Lunapark ist ein Hörspiel vom Plattenlabel Odeon. Es erschien im November 1930[1] zusammen mit drei weiteren Micky-Hörspielen, alle gesprochen von Kurt Mühlhardt, begleitet von einem Tierstimmen-Animator und einem Tanzorchester.[2] Obwohl die Platten als Hörspiele vermarktet wurden, handelt es sich eher um Scherz-Gedichte, die mit Soundeffekten und musikalisch untermalt wurden.

In „Micky Maus im Lunapark“ wird beschrieben, wie Micky Maus einen Vergnügungspark besucht und dort kurzzeitig von Kater Murr gejagt wird.

Text[Bearbeiten]

Die Micky Maus geht heut vergnügt spazieren,
wird sich im Lunapark gut amüsieren.
Im Karussell, oh welch Vergnügen,
da lernt die kleine Micky fliegen.
Und auf der Berg- und Talbahn munter
fährt Micky quiekend rauf und runter.
Auch Schießen kann die Micky fein,
ins Zentrum trifft sie stets hinein.
Im Negerdorf mit Schild und Lanzen
sieht Micky wilde Neger tanzen.
Sie tanzen Bauch mit viel Gebrüll,
der Micky wird vor Angst ganz schwül.
Doch wer schleicht nah und näher sich?
's ist Kater Murr, der Wüterich.
Die Micky Maus nimmt schnell Reißaus
lacht laut den dicken Kater aus
Und haste nicht gesehen, wie fein,
springt sie ins Lachkabinett hinein.
Im Hippodrom auf einer Stute,
da reitet Micky mit frohem Mute.
Doch plötzlich kriegt das Pferd 'nen Stich,
wirft Micky ab, wie ärgerlich.
Einmal blasen die Trompeten,
und durch die Luft schwirren die Raketen.
Es bumst und zischt, es knallt und kracht,
„Wie schön!“, sagt Micky, „gute Nacht!“

Hintergrund[Bearbeiten]

1930 erschienen vier Micky-Hörspiele mit Kurt Mühlhardt bei Odeon:

Die Hörspiele stammen aus der Zeit der 1930er, in denen es Walt Disney Productions noch anderen Musikverlegern ermöglichte, Lieder mit Micky Maus zu verfassen und zu veröffentlichen.[3] Die vier Micky-Hörspiele begannen als „Spiele“ bzw. „Sendespiele“ fürs Radio, wurden aber wegen ihrer Beliebtheit auf Schellack-Schallplatte veröffentlicht.[1]

Bemerkenswert ist das Tempo, mit dem die Hörspiele und Platten produziert werden mussten: Alle vier Schallplatten erschienen im selben Jahr, in dem Micky-Cartoons das erste Mal in Deutschland gezeigt wurden.[4] Die Hörspiele wurden auch im Vorprogramm zu Kinofilmen (Lustspielen) abgespielt.[5]

Der erwähnte Kater Murr stammt aus dem satirischen Roman „Lebens-Ansichten des Katers Murr“ von E.T.A. Hoffmann.[6]

Die Schallplatten zu den vier Hörspielen sind inzwischen sehr selten und haben deswegen einen Mindestwert von 100 Euro.[7]

Lunapark[Bearbeiten]

Der Name Luna Park wird von vielen bestehenden und bereits geschlossenen, kleineren Vergnügungsparks geteilt. Die Namensquelle ist der erste Luna Park, der 1903 auf Coney Island eröffnet wurde und 1944 wieder geschlossen wurde. Als Frederick Ingersoll 1905 zwei Vergnügungsparks in Pittsburgh und Cleveland eröffnete, borgte er den Namen Luna Park, 1907 machte es ihm Charles Looff für seinen Luna-Park in Seattle, Washington, nach. Insgesamt eröffnete Ingersoll 44 Luna-Parks weltweit, was dazu beitrug, dass der Begriff Luna-Park inzwischen in vielen Sprachen als Synonym für Vergnügungspark gilt, unter anderem im Polischen, Französischen, Russischen und Italienischen.[8]

In Deutschland standen vier Luna-Parks:

  • Luna-Park Berlin (1909 bis 1933, seinerzeit der größte Vergnügungspark Europas)
  • Luna-Park Köln (1909 bis 1927)
  • Luna-Park Hamburg-Altona (1913, dann wieder 1917 bis 1923)
  • Luna-Park Leipzig (1911 bis 1932)

In italienischen Disneycomics ist der Lunapark auch oft ein Handlungsort:

  • Entführung im Luna-Park (Topolino e lo scacco matto al Luna Park), DD 262
  • Vergnügungsparkfieber (Paperinik e la febbre del luna park), LTB Ultimate 4
  • Das Geheimnis des Luna-Parks (Paperetta e la leggenda del luna park), LTB 354
  • Nicht witzig! (Topolino e l'anatema ridanciano), LTB 497
  • Rummel im Vergnügungspark (Paperino, Anacleto e il luna park della paura), LTB 557

Rassismus[Bearbeiten]

Bei den im Hörspiel zur Schau gestellten Afrikanern handelte es sich um eine damals gängiges Geschäftsmodell, Europäern mit einer „Völkerschaustellung“ außereuropäische Völker zu zeigen und sich von ihnen unterhalten zu lassen. In Deutschland fand diese Praxis, Menschen wie in einem Zoo auszustellen, vor allem zwischen 1874 bis 1930 statt, ab der Jahrhundertwende wurden die Inszenierungen wegen der großen Konkurrenz immer aufwändiger und spezifischer. Bis 1870 genügten Aushänge mit dem Hinweis auf „echte Wilde“, 1911 wurde „Hagenbeck's Indien“ als die „größte und sensationellste Völkerschaustellung der Welt“ und „vollständig neu für München“ beworben.[9] Als Vorreiter gilt der Deutsche Carl Hagenbeck, der in Zusammenarbeit mit dem Amerikaner P. Taylor Barnum eine „Völkerschau“ in seinen Hamburger Tierpark integrierte.[10]

Die Vorführungen fanden entweder in einem sogenannten Eingeborenendorf statt, in dem sich der Besucher fühlen soll, als sei er in der Heimat der jeweiligen Menschen, oder auf Bühnen, sodass die Darstellungen Theateraufführungen glichen.[11] Die Vorführungen des vierzigköpfigen „Somalidorfs“, welche 1912 auf der Münchner Theresienwiese stattfanden, bestanden aus dem Tanz eines „heiratswütigen Jünglings“, Übungen mit Dolchmesser und Schild, ein Festtanz mit Kriegsrufen sowie ein Wettkampf mit Lanzenwurf.[12] In Berlin wurde für den Lunapark am Halensee ein „Bayerisches Dorf“, in dem immer wieder „exotische“ Menschen vorgeführt wurden: 1910 eine Gruppe „Somali“, 1911 folgte eine „Nordlandausstellung“ mit 125 „Polarbewohnern“ und 150 „Polartieren“.[13]

Obwohl Mickys Angst vor den Inszenierungen der ausgestellten Menschen hatte, waren die Reaktionen des Publikums meist positiv: Die „Völkerschaustellungen“ wurden gut besucht, Postkarten mit Abbildungen und teilweise auch Autogrammen wurden verkauft und Zeitungen veröffentlichten Anekdoten über die prominentesten der ausgestellten Menschen. Sie bekamen Geschenke ihrer Zuschauer und wurden als Stargäste zu Veranstaltungen eingeladen, [14] wurden aber auch während ihrer Ausstellungen mit Tierfutter beworfen und verstärkten rassistische Menschenbilder vom primitiven Wilden und dem überlegenen Europäer im Kopf der Zuschauer.[10]

In „Micky Maus im Lunapark“ werden die damalige menschenverachtenden „Völkerschaustellungen“ afrikanischer Menschen mit dem rassistischen Stereotyp des aggressiven und jähzornigen Wilden und dem N-Wort beschrieben.

Weblink[Bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. 1,0 1,1 HP. Göldner (11.06.2021). „Hörspiele auf Schellack ...“, hoerspieltalk.de
  2. „Plattenarchiv Josef Kaiser: Komiker, Kabarett, Kleinkunst“. plattenarchiv.com
  3. Kelly McCubbin (22.05.2023). „Disney A to G(#) — Part Three: Mister Mouse Escapes the Studio!“. boardwalktimes.net
  4. „ALS MICKEY MOUSE NACH DEUTSCHLAND KAM“. hdg.de
  5. Siehe eine Anzeige im „Lübecker Volksbote“, Ausgabe 281 vom 02.12.1930. Digitale Kopie auf der Website der Friedrich-Ebert-Stiftung: library.fes.de
  6. „Lebens-Ansichten des Katers Murr“. wikipedia.org
  7. „Zu Micky Maus im Lunapark fand ich leider keine Eintragung, nehme jedoch an, daß diese Schellack im gleichen Zeitraum entstand. Es handelt sich bei Beiden um sehr seltene Schallplatten und ich denke, daß man pro Schellack einen Mindestwert von etwa Euro 100,- ansetzen sollte.“
    Austroparts (18.07.2013). „Sehr alte Micky Maus - Platten“. kunst-und-troedel.info
  8. „Luna Park“. wikipedia.org
  9. Anne Dreesbach (2005). „Gezähmte Wilde“, S. 111f. Campus-Verlag. books.google.de
  10. 10,0 10,1 „Menschenzoos“. kolonialgeschichtema.com
  11. Anne Dreesbach (2005). „Gezähmte Wilde“, S. 12. Campus-Verlag. books.google.de
  12. Anne Dreesbach (2005). „Gezähmte Wilde“, S. 108. Campus-Verlag. books.google.de
  13. Anne Dreesbach (2005). „Gezähmte Wilde“, S. 97. Campus-Verlag. books.google.de
  14. Anne Dreesbach (2005). „Gezähmte Wilde“, S. 12. Campus-Verlag. books.google.de