Die Nacht der Schurken

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Die Nacht der Schurken
Die Nacht der Schurken.jpg
Cover der deutschen Version

(© Disney)

Entwickler: Disney Interactive, Inc.
Publisher: Disney Interactive, Inc.
Release: 28.09.1999[1] USA.png
Ende 1999 EU.png
Systeme: PC
Genre: Point-and-Click-Adventure/Action


Die Nacht der Schurken (engl. Disney's Villains' Revenge) ist ein Computerspiel aus dem Jahr 1999. Für die Entwicklung und Veröffentlichung zeichnete sich Disney Interactive verantwortlich.

Vorgeschichte und Vorläufer[Bearbeiten]

Nachdem im Dezember 1994 mit Disney Interactive eine Division der Walt Disney Company, die die Veröffentlichung und Entwicklung von Software für Video- und Computerspiele abwickeln sollte, gegründet wurde, suchte der Konzern intern bei Walt Disney Imagineering nach neuem Personal. Gleichzeitig gewann die CD-ROM an Popularität und Disney suchte nach einer Möglichkeit, seine Themenparks mithilfe eines Spiels besser zu vermarkten. In diesem Zusammenhang wurde Terry Dobson, der bisher als Art Director bei Walt Disney Imagineering tätig war, von Kendall Lockhart, dem Leiter der kreativen Entwicklung bei Disney Interactive, an Bord geholt. Dobson wurde rekrutiert, weil die Verantwortlichen bei Disney Interactive der Meinung waren, dass er als Imagineer über die nötige Expertise verfügte, um eine Idee zu pitchen, die einen Themenpark als Grundlage für ein Spiel hatte. Auf der Suche nach einer passenden Inspiration erinnerte er sich an eine Episode der Fernsehserie Batman, in der sich die Bösewichte gegen Batman verbünden. Auf Basis dieses Beispiels schlug er den anderen seine Idee vor. Sein Konzept sah vor, dass verschiedene Disney-Schurken in einem Park ein Chaos anrichten und der Spieler anschließend eine Nacht habe, wieder Ordnung zu schaffen. Ein ähnliches Prinzip verfolgte die seit 1992 ausgetragene Show Fantasmic!. Da die Idee auf positive Resonanz stieß, arbeitete Dobson daraufhin gemeinsam mit Kyle Kosloff ein vollständiges Konzept aus. Alles, was nun noch fehlte, war grünes Licht seitens der Führungsriege von Disney. In einem Meeting stellte das Team das Projekt Michael Ovitz und Michael Eisner vor. Der aussichtsreiche Vorschlag stieß bei den beiden Entscheidungsträgern auf offene Ohren. Doch obwohl der Pitch aus Sicht von Disney Interactive ein großer Erfolg war, musste das Team eine weitere Hürde bewältigen. Derartige Crossovers stießen nämlich bei Roy E. Disney auf Ablehnung, da sie seiner Meinung nach die Integrität der einzelnen Themen schmälern würden. Dobson und Roger Holzberg, Creative Director bei Disney Interactive, konnten Disney allerdings überzeugen, und erhielten für den Animationsprozess Zugriff auf das Disney-Archiv.[2]

Die Entwicklung des noch titellosen Projektes begann 1996. Als Name standen „Villains' Night Out“ sowie „Unhappy Endings“ im Raum, ehe man sich auf „Virtual Magic Kingdom“ einigte. Disney Interactive rekrutierte sowohl intern als auch extern zahlreiche Mitarbeiter, darunter Thom Schillinger (3D Art Director), Shanna Tellez (Artwork) und Andy Fisher (Programmierer). Damit das Design-Team Referenzen zu den realen Parks erhalten konnte, besuchte Schillinger Disneyland Resort und fotografierte allen möglichen Objekte. Da das Spiel Anleihen aus allen Parks – darunter Tokyo Disneyland und Disneyland Paris – nehmen sollte, machten die Entwickler regen Gebrauch von Referenzmaterialien aus dem Disney-Archiv. Obwohl zu dieser Zeit die Art des Gameplays noch nicht feststand, arbeitete man bereits an verschiedenen Themenbereichen der Parks, die im Spiel vorkommen sollten. Der modulare Aufbau dieses Konzepts sah vor, Virtual Magic Kingdom in einzelnen Episoden erscheinen zu lassen. Es war geplant, dass zuerst Main Street und Fantasyland erscheinen, gefolgt von Adventureland, Frontierland und Tomorrowland. Für Fantasyland dienten Zeichentrickfilme wie Schneewittchen und die sieben Zwerge, Peter Pan, Micky und die Bohnenranke und Dumbo als Schauplätze. Auch zahlreiche Parkattraktionen wie Haunted Mansion oder Pirates of the Caribbean dienten dem Team der Inspiration. Für das gesamte Spiel veranschlagte das Team mehr als 10 CD-ROMs. Das Spiel wurde mit einer eigens entwickelten Spiele-Engine erstellt, die von den Entwicklern „Nodes and Rails“ getauft wurde. Diese First-Person-Engine ähnelt der des 1993 veröffentlichten Adventures Myst, verfügt aber zusätzlich über einen Rotationseffekt. Der Animationsprozess wurde extern vergeben, da die Zeichner bei Disney dank der Disney-Renaissance bereits stark ausgelastet waren. Animationsdirektor Tim Decker entschloss sich zur Zusammenarbeit mit Karen Johnson Productions. Es entstanden mehr als 45 Minuten an Zwischensequenzen mit Dialog, ein Großteil davon mit Jiminy Grille in der Hauptrolle, die vom Autor Gregor Joackim verfasst wurden.[3]

Während der Entwicklung stieg das Budget von Virtual Magic Kingdom auf 8 Millionen Dollar an. Ein großer Teil der Kosten entfiel auf zwölf Grafiker, die jeweils mit einer High-End-Workstation von Silicon Graphics im Wert von 300.000 Dollar ausgestattet wurden. Derweil stand Disney vor finanziellen Schwierigkeiten. Die Fusion mit Capital Cities/ABC, der Bau von Animal Kingdom sowie die Einführung von Disney Cruise Line erwiesen sich als unerwarteter Kraftakt für den Konzern. Darüber hinaus stagnierten die Verkäufe der hauseigenen Videospiele. Gleichzeitig verließ Terry Dobson den Entwicklungsprozess und kehrt zu Disney Imagineering zurück.[4]

Anfang 1997, nachdem Ovitz Disney verlassen hatte, präsentierte das Team Michael Eisner den Entwicklungsstand des Spiels mit einer spielbaren Version. Sie zeigten ihm die Eröffnungssequenz von Frontierland, die unter anderem einen Saloon und einen Schießstand enthält. Im Gegensatz zum ersten Meeting mit Eisner war die Stimmung deutlich gedrückter. Dazu trug auch eine Szene bei, in der ein Bandit seine Waffe auf den Spieler richtet und ihn daraufhin provoziert. Eisner war unzufrieden mit der Thematik und der drastischen Darstellungsweise. Er befürchtete ein Fiasko, sollte das Spiel so erscheinen und forderte das Entwicklerteam auf, den Titel im Hinblick auf eine jüngere Zielgruppe zu ändern. Das Treffen mit Eisner war für Disney Interactive ein herber Rückschlag. Die Fertigstellung rückte indes in weite Ferne: Neben Änderungen am Gameplay traten auch Fragen zum Spielumfang auf, da das ambitionierte Projekt immer neue, hohe Kosten verursachte. Ein weiterer radikaler Einschnitt folgte am 17. April 1997. Aufgrund von neuen Budgetregeln des Mutterkonzerns erfolgte bei Disney Interactive eine große Entlassungswelle; Von 1600 Mitarbeitern wurden 1150 entlassen. Bei dem Entwicklerteam kam deshalb Zweifel auf, ob und wann die Veröffentlichung des Spiels überhaupt noch möglich sei – das gesamte Projekt kam auf den Prüfstand. Erschwerend kam hinzu, dass Disney Interactive im August ein neues Management bekam, das dem Projekt kritisch gegenüberstand. Aufgrund fehlender Ressourcen und der inzwischen veralteten Technik schien eine Veröffentlichung nicht mehr praktikabel. Die Geschäftsleitung wollte die Verluste begrenzen und annullierte das Projekt schlussendlich.[4]

Entwicklung[Bearbeiten]

Obwohl die Entwicklung von Virtual Magic Kingdom abgebrochen wurde, versuchte Tim Decker 1998 das Projekt in kleinerem Rahmen neu zu beleben. In einem Meeting mit dem verbliebenen Team erörterte man die Möglichkeiten. Auch die Geschäftsleitung erkannte die Chance, das Spiel fertigzustellen und gewährte den Entwicklern ein Jahr Entwicklungszeit. Philip Hopbell, Produzent des Projektes, ernannte Gregor Joackim zum Creative Lead und beauftragte ihn mit der Erstellung eines neuen Designdokuments. Die Idee eines Themenparks wurde auf Wunsch von Disney komplett fallengelassen, stattdessen diente ein Kinderzimmer als Kulisse und ein Märchenbuch als Portal zwischen den Welten. Außerdem wurde eine neue Rahmenhandlung mit Jiminy Grille ausgearbeitet. Das Team versuchte, viele Modelle und Elemente aus Fantasyland wiederzuverwenden, wenn auch anders als ursprünglich konzipiert. So wurde beispielsweise ein Karussell mit einer großen Anzahl von Polygonen lediglich als Hintergrunddekoration zweckentfremdet. Der Bosskampf mit Malefiz wurde gestrichen und nur vier der bereits vorhandenen Bösewichte implementiert und fertiggestellt. Viele Gameplay-Features des ursprünglichen Projekts wurden für Die Nacht der Schurken in Minispiele umgewandelt. Das Spiel verwendet die Engine „DreamFactory“ der Firma CyberFlix, die bereits in der Vergangenheit in Math Quest with Aladdin zum Einsatz kam.

Teile des originalen Konzepts sowie der allgemeinen Idee gingen im 2005 erschienenen MMOG Virtual Magic Kingdom auf. Einige Technologien, wie etwa die erste Engine des Spiels, wurden später für die interaktive Tour der Buchungswebseiten für Disney World eingesetzt.[5]

Handlung[Bearbeiten]

Zu Beginn stellt sich Jiminy Grille vor. Er möchte dem Spieler eine Geschichte vorlesen, wird jedoch schnell von Langeweile übermannt, da er die Geschichten bereits in- und auswendig kennt. Plötzlich kommt ihm eine Idee: Er reißt einige Seiten heraus und lässt den Spieler raten, welches Ende zu welcher Geschichte gehört. Auf einmal fängt das Märchenbuch an zu fliegen, was Jiminy sichtlich verwundert. Die Blaue Fee erscheint und erklärt ihm, dass die Schurken ohne die Seiten mit dem Happy End leichtes Spiel haben und dadurch nun Chaos anrichten. Sie betont, dass der Protagonist und Jiminy in Geschichten gehen müssen, um wieder Ordnung zu schaffen. Die beiden besuchten nun jede einzelne Story und setzten dem Schrecken ein Ende.

Spielprinzip[Bearbeiten]

Das Spiel ist ein Point-and-Click-Adventure: Mithilfe eines Zeigers interagiert der Spieler mit bestimmten Personen oder Objekten, woraufhin diese dann kontextabhängig reagieren. Die Bosskämpfe werden dagegen in der Egoperspektive dargestellt und ähneln einem First-Person-Shooter. Nach Beendigung des Hauptspiels werden vier neue Minispiele freigeschaltet. Das Spiel ist komplett auf Deutsch synchronisiert.

Rezeption[Bearbeiten]

Die Nacht der Schurken stieß auf gemischte Reaktionen bei der Fachpresse.[6] Für das Magazin PC Player zählen die Sprachausgabe, die Musik und die Animationen zu den Highlights des Spiels. Im Gegenzug kritisierte man den unausgewogenen Schwierigkeitsgrad der Puzzles sowie die kurze Spieldauer.[7]

Das Spiel gewann im Jahr 2000 die Auszeichnung „Computer Children's Entertainment Title of the Year“ der Academy of Interactive Arts & Sciences.[8] Zudem war es für die Kategorien „Outstanding Achievement in Animation“ und „Outstanding Achievement in Art Direction“ nominiert.[9][10]

Weblinks[Bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten]