Grim Natwick: Unterschied zwischen den Versionen
K |
McDuck (Diskussion | Beiträge) K |
||
(7 dazwischenliegende Versionen von 5 Benutzern werden nicht angezeigt) | |||
Zeile 1: | Zeile 1: | ||
<center>''<span style="color:#1C86EE;">'''„'''<big>W</big>ell, what do you want from me now | <center>''<span style="color:#1C86EE;">'''„'''<big>W</big>ell, what do you want from me now – 200?'''”'''</span>''<br> | ||
<small>Myron Natwick, 16. August 1990</small></center> | <small>Myron Natwick, 16. August 1990</small></center> | ||
[[Bild:Myron skizze.gif|thumb|right|Natwick-Karikatur, wohl um 1940 ( | [[Bild:Myron skizze.gif|thumb|right|Natwick-Karikatur, wohl um 1940 (© [[The Walt Disney Company|Disney]])]] | ||
'''Myron Natwick''' (*16. August 1890 in Wisconsin Rapids, Wisconsin; | '''Myron Natwick''' (* 16. August 1890 in Wisconsin Rapids, Wisconsin; † 7. Oktober 1990 in Los Angeles, Kalifornien), besser bekannt als '''Grim Natwick''', war ein US-amerikanischer [[:Kategorie:Trickfilmzeichner|Trickfilmzeichner]] und [[Regisseur|-regisseur]]. Er gehört zu den bekanntesten Persönlichkeiten seines Fachs und gilt als Pionier der Branche. Für Max Fleischer erfand er in den Dreißigerjahren die Figur ''Betty Boop'', nachdem er Ende des Jahres 1919 zum ersten mal an einem Trickfilm gearbeitet hatte. Seinen offiziellen Abschied nahm er Anfang der Fünfzigerjahre, nachdem er für [[Walt Disney]] an zahlreichen Filmen gewirkt hatte, darunter als [[Chefzeichner]] am ersten [[Walt Disney Meisterwerk]], [[Schneewittchen und die sieben Zwerge]] im Jahr 1937. Dazu half er, [[Micky Maus]] in ''[[Fantasia]]'' zu gestalten. Nach seinem Abschied vom Trickfilm lebte Natwick im Ruhestand, am 16. August 1990 konnte er mit vielen noch lebenden Kollegen seinen 100. Geburtstag in Los Angeles feiern, darunter [[Disney Legends|Disney Legend]] [[Shamus Culhane]]. | ||
== Biographie == | == Biographie == | ||
=== Frühe Jahre === | === Frühe Jahre === | ||
[[Bild:Natwick myron.jpg|right|thumb|Myron Natwick bei der Arbeit an ''Schneewittchen'' ( | [[Bild:Natwick myron.jpg|right|thumb|Myron Natwick bei der Arbeit an ''Schneewittchen'' (© Disney)]] | ||
Myron Natwick wurde am 16. August 1890 in Wisconsin Radids in Wisconsin, Vereinigte Staaten, geboren. Heute heißt die Stadt Grand Rapids. Sein Nachname erklärt sich mit der Abstammung seiner Familie, sein Großvater, Ole Natwick, immigrierte 1847 als einer der erste Norweger nach Wisconsin Rapids und heiratete bald nach seiner Ankunft. Aus der anschließenden Ehe gingen elf Kinder hervor, darunter Myron Natwicks Vater, James W. und dessen Bruder, Joseph. Joseph Natwicks Tochter, Mildred Natwick ( | Myron Natwick wurde am 16. August 1890 in Wisconsin Radids in Wisconsin, Vereinigte Staaten, geboren. Heute heißt die Stadt Grand Rapids. Sein Nachname erklärt sich mit der Abstammung seiner Familie, sein Großvater, Ole Natwick, immigrierte 1847 als einer der erste Norweger nach Wisconsin Rapids und heiratete bald nach seiner Ankunft. Aus der anschließenden Ehe gingen elf Kinder hervor, darunter Myron Natwicks Vater, James W. und dessen Bruder, Joseph. Joseph Natwicks Tochter, Mildred Natwick (1905„1994), Myron Natwicks erste Kusine, wurde später in [[Hollywood]] ein ähnlicher Star wie Myron selbst. Sie spielte zahlreiche Theaterrollen und wurde zweimal für den Tony-Award nominiert, später drehte sie auch mit Alfred Hitchcock. | ||
Aber auch Myron Natwicks eigene Geschwister erlangte Popularität. Insgesamt wuchs er mit sieben Geschwistern auf, den Brüdern Frank, Ruby, Albert, genannt | Aber auch Myron Natwicks eigene Geschwister erlangte Popularität. Insgesamt wuchs er mit sieben Geschwistern auf, den Brüdern Frank, Ruby, Albert, genannt „Buff“ und Johnrux und den Schwestern Gladys und Vernon, genannt Deeds. Frank Natwick nahm 1908 als einer der erste Athleten aus Wisconsin an den Olympischen Sommerspielen in London teil, wo er als Hürdenläufer auftrat, allerdings folgend keine großen Erfolge mehr erzielen konnte. Das war jedoch schon zu Universitätszeiten. Zusammen mit Albert war Myron Natwick einer der Footballstars an der Highschool, aber auch die anderen Kinder von James galten als gute Sportler. Aus seiner Schulzeit stammt auch Myron Natwicks bekannter Spitzname, „Grim“. Das hat allerdings nichts damit zu tun, dass er stetig in schwerer Gemütslaune lebte, vielmehr entsprach es genau dem Gegenteil – Myron Natwick war nicht nur guter Sportler, sondern auch sehr poetisch veranlagt. Er schrieb viele Gedichte, die zwar nie veröffentlicht wurden, aber teilweise noch im Umlauf befindlich sind. Später hatte er auch einen zweiten Spitznamen, den er sich aber wohl selbst gab, als ihm der erstere unpassend erschien „ „der Barde“. Als die Disney-Studios am 3. Januar 1931 erstmals ein Telegramm an Natwick schickten und ihm ein Arbeitsangebot unterbreiteten, war statt „Grim“, „Grimm“ zu lesen. | ||
=== Fleischer, Natwick und Boop === | === Fleischer, Natwick und Boop === | ||
[[Bild:Betty bopp.JPG|thumb|left|120px|Natwicks bekannteste Kreation, die provokante Figur der ''Betty Boop'' (©Fleischer Studios)]] | [[Bild:Betty bopp.JPG|thumb|left|120px|Natwicks bekannteste Kreation, die provokante Figur der ''Betty Boop'' (©Fleischer Studios)]] | ||
Myron Natwick war fast 30 Jahre alt, als er das erste mal beim Film arbeitete. Über die Zeit davor ist nichts bekannt; möglicherweise war er schon früher aktiv, jedoch fehlen nötige Aufzeichnungen um das zu bestätigen. Klar ist jedoch, dass Myron Natwick Ende 1919 zum ersten mal Regie führte beim Film | Myron Natwick war fast 30 Jahre alt, als er das erste mal beim Film arbeitete. Über die Zeit davor ist nichts bekannt; möglicherweise war er schon früher aktiv, jedoch fehlen nötige Aufzeichnungen um das zu bestätigen. Klar ist jedoch, dass Myron Natwick Ende 1919 zum ersten mal Regie führte beim Film „Knock on the Window, the Door Is a Jamb“, der 1920 im [[Kino]] Premiere feierte. Der Film wurde von International Film Service, kurz IFS, produziert, genauso wie die nachfolgenden Werke, an denen er arbeitete – allesamt als Regisseur, bis Ende 1920. Zwar ging die IFS, die William Randolph Hearst persönlich gegründet hatte, auch in diesem Jahr pleite, dennoch wird das nicht der einzige Grund gewesen sein, dass Natwick nicht mehr beim Film arbeitete, da er sich in diesem Bereich anschließend ganze zehn Jahre nicht mehr betätige. Ein Grund für den Niedergang von IFS war die Unterstützung der Deutschen im 1. Weltkrieg gewesen. Was er damals noch nicht wusste, war, dass mit ihm zahlreiche andere spätere Disney-Zeichner aus dem IFS hervorgingen, darunter [[Jack King]] und [[Ben Sharpsteen]], die führenden Regisseure bei Disney, was Cartoons anging, sowie [[Isadore Klein]] und [[Burton Gillett]]. | ||
Seinen großen Durchbruch erlebte er 1929, als er für Max Fleischers Studio eine neue Figur entwerfen sollte | Seinen großen Durchbruch erlebte er 1929, als er für Max Fleischers Studio eine neue Figur entwerfen sollte – Betty Boop. Sie sollte als erste sexuell provozierende Figur in die Geschichte des Zeichentricks eingehen und wurde von Myron Natwick nach dem Vorbild der Sängerin Helen Kane (1903-1966) gestaltet, von deren Markenzeichen er sich auch den Nachnamen Bettys entlieh. Ihren ersten Auftritt hatte Natwicks Figur 1930 im Kurzfilm „Dizzy Dishes“. Myron Natwick blieb Max Fleischer noch einige Zeit treu, hatte aber darunter zu Leiden, dass dieser jeglichen Ruhm an der Figur der Betty Boop für sich beanspruchte – sie war die erfolgreichste, die sein Studio je hatte. So verließ er die Studios wieder recht bald und ließ sich erst kurz nach dem Ende der „Ära Boop“ noch einmal engagieren. Das war 1939/40, dort animierte er Prinz und Prinzessin in „Gullivers Reisen“. | ||
=== Weitere Arbeit und Disney === | === Weitere Arbeit und Disney === | ||
[[Bild:Natwicks cousine.jpg|thumb|right|Mildred Natwick in Hitchcocks | [[Bild:Natwicks cousine.jpg|thumb|right|Mildred Natwick in Hitchcocks „The Trouble with Harry“ (1955)]] | ||
Bevor Myron Natwick auf [[Walt Disney]] traf, arbeitete er fast ein halbes Jahrzehnt als einer der führenden Zeichner bei dessen ehemaligen [[Chefzeichner]], [[Ubbe Iwwerks|Ub Iwerks]], kurz nachdem dieser sein eigenes Studio gegründet hatte. In dieser Zeit arbeitete er an rund 15 Cartoons. 1936 wurde er dann von [[Walt Disney]] abgeworben, um an dessen ersten [[Meisterwerk]], [[Schneewittchen und die sieben Zwerge]] (1937) zu arbeiten. Dort animierte er als einer der [[Chefzeichner]] den ''Prinzen'', davor hatte er an einigen Kurzfilmen mitgearbeitet, wie [[Mickys Löschzug]] und [[Broken Toys]]. Zwar war Myron Natwicks Anstellung von kurzer Natur | Bevor Myron Natwick auf [[Walt Disney]] traf, arbeitete er fast ein halbes Jahrzehnt als einer der führenden Zeichner bei dessen ehemaligen [[Chefzeichner]], [[Ubbe Iwwerks|Ub Iwerks]], kurz nachdem dieser sein eigenes Studio gegründet hatte. In dieser Zeit arbeitete er an rund 15 Cartoons. 1936 wurde er dann von [[Walt Disney]] abgeworben, um an dessen ersten [[Meisterwerk]], „[[Schneewittchen und die sieben Zwerge]]“ (1937) zu arbeiten. Dort animierte er als einer der [[Chefzeichner]] den ''Prinzen'', davor hatte er an einigen Kurzfilmen mitgearbeitet, wie [[Mickys Löschzug]] und [[Broken Toys]]. Zwar war Myron Natwicks Anstellung von kurzer Natur – bereits nachdem er in „[[Fantasia]]“s (1940) bekanntester Szene, „Der Zauberlehrling“, [[Micky Maus]] animiert hatte, verließ er die Studios wieder – dennoch gehörte er zu dieser Zeit zu den wichtigsten Persönlichkeiten dort, da er einer der wenigen war, die bereits viel Erfahrung hatten. | ||
In den Vierziger-, Fünfziger-, und Sechzigerjahren wechselte Myron Natwick mehrmals den Arbeitgeber und gab seine Erfahrung an verschiedene Animationsstudios weiter, darunter das von | In den Vierziger-, Fünfziger-, und Sechzigerjahren wechselte Myron Natwick mehrmals den Arbeitgeber und gab seine Erfahrung an verschiedene Animationsstudios weiter, darunter das von Walter Lantz, einem der ärgsten Konkurrenten [[Walt Disney]]s, der Filmschmiede von William Hanna (1910–2001) und Joseph Barbera (1911–2006) und 20th Century Fox. Allerdings handelte es sich dabei meist um kurzweiliges, so dass er seinen offiziellen Ruhestand schon Ende der Fünfzigerjahre nahm. | ||
=== Letzte Jahre === | === Letzte Jahre === | ||
Zeile 33: | Zeile 33: | ||
== Auszeichnungen == | == Auszeichnungen == | ||
Im Jahr 1985 wurde Myron Natwick mit dem ''Golden Award'' der | Im Jahr 1985 wurde Myron Natwick mit dem ''Golden Award'' der „Motion Picture Screen Cartoonists Awards“ ausgezeichnet, ein Preis, der nur an Trickfilmpersönlichkeiten verliehen wird, die vor mindestens einem halben Jahrhundert begonnen hatten, sich dort zu betätigen. Der Award wird nur in den USA vergeben, zuletzt 1992, nachdem es von 1984 bis 1988 Verleihungen gegeben hatte. Zu den bis heute rund 35 Preisträgern gehören auch [[Wolfgang Reitherman]], Walter Lantz und [[Ward Kimball]]. | ||
== Filmographie == | == Filmographie == | ||
Seine erste Arbeit beim Film nahm Myron Natwick 1919 an, als Regisseur für den Film | Seine erste Arbeit beim Film nahm Myron Natwick 1919 an, als Regisseur für den Film „Knock on the Window, the Door Is a Jamb“, der im April 1920 Premiere hatte. Nachdem er einige weitere Filme abgedreht hatte, verließ er die Branche bis Ende der Zwanzigerjahre, um ab 1930 schnell als einer der gefragtesten Cartoonisten der Fleischer-Studios aufzusteigen. So gewann ihn der damalig auch größte Konkurrent von Max Fleischer, [[Walt Disney]], für einen Posten als [[Chefzeichner]] ab 1937. Des Weiteren arbeitete er für die UPA (''United Productions of America''), Walter Lantz, Richard Williams und [[Ubbe Iwwerks|Ub Iwerks]], während dieser ein eigenständiges Studio betrieb. Bis 1951 arbeitete er an zahlreichen Produktionen, anschließend nur noch vereinzelt. Er arbeitete sowohl als Regisseur als auch als Animator, jedoch fast ausschließlich unter seinem Spitznamen „Grim“. | ||
{| width="100%" | {| width="100%" | ||
| valign="top" width="50%" | | | valign="top" width="50%" | | ||
=== Regie === | === Regie === | ||
* | *„Knock on the Window, the Door Is a Jamb“, 1920 | ||
* | *„One Good Turn Deserves Another“, 1920 | ||
* | *„Yes Dear“, 1920 | ||
* | *„The Rotisserie Brothers“, 1920 | ||
* | *„The Dummy“, 1920 | ||
* | *„One Good Turn Deserves Another“, 1920 | ||
* | *„The Chicken Thief“, 1921 | ||
* | *„Gullivers Reisen“, 1939 | ||
| valign="top" width="50%" | | | valign="top" width="50%" | | ||
Zeile 99: | Zeile 99: | ||
== Weblinks == | == Weblinks == | ||
*[http://www.animationartist.com/columns/DJohnson/NatwickInterview/natwickinterview.html Interview mit Myron Natwick von 1988] | *[http://www.animationartist.com/columns/DJohnson/NatwickInterview/natwickinterview.html Interview mit Myron Natwick von 1988 (englisch)] | ||
*[http://german.imdb.com/name/nm0622451/ Filmographie] {{imd | *[http://german.imdb.com/name/nm0622451/ Filmographie] {{imd}} | ||
[[Kategorie:Trickfilmzeichner|Natwick, Myron]] | [[Kategorie:Trickfilmzeichner|Natwick, Myron]] |
Aktuelle Version vom 1. Mai 2023, 10:09 Uhr
Myron Natwick, 16. August 1990
Myron Natwick (* 16. August 1890 in Wisconsin Rapids, Wisconsin; † 7. Oktober 1990 in Los Angeles, Kalifornien), besser bekannt als Grim Natwick, war ein US-amerikanischer Trickfilmzeichner und -regisseur. Er gehört zu den bekanntesten Persönlichkeiten seines Fachs und gilt als Pionier der Branche. Für Max Fleischer erfand er in den Dreißigerjahren die Figur Betty Boop, nachdem er Ende des Jahres 1919 zum ersten mal an einem Trickfilm gearbeitet hatte. Seinen offiziellen Abschied nahm er Anfang der Fünfzigerjahre, nachdem er für Walt Disney an zahlreichen Filmen gewirkt hatte, darunter als Chefzeichner am ersten Walt Disney Meisterwerk, Schneewittchen und die sieben Zwerge im Jahr 1937. Dazu half er, Micky Maus in Fantasia zu gestalten. Nach seinem Abschied vom Trickfilm lebte Natwick im Ruhestand, am 16. August 1990 konnte er mit vielen noch lebenden Kollegen seinen 100. Geburtstag in Los Angeles feiern, darunter Disney Legend Shamus Culhane.
Biographie[Bearbeiten]
Frühe Jahre[Bearbeiten]
Myron Natwick wurde am 16. August 1890 in Wisconsin Radids in Wisconsin, Vereinigte Staaten, geboren. Heute heißt die Stadt Grand Rapids. Sein Nachname erklärt sich mit der Abstammung seiner Familie, sein Großvater, Ole Natwick, immigrierte 1847 als einer der erste Norweger nach Wisconsin Rapids und heiratete bald nach seiner Ankunft. Aus der anschließenden Ehe gingen elf Kinder hervor, darunter Myron Natwicks Vater, James W. und dessen Bruder, Joseph. Joseph Natwicks Tochter, Mildred Natwick (1905„1994), Myron Natwicks erste Kusine, wurde später in Hollywood ein ähnlicher Star wie Myron selbst. Sie spielte zahlreiche Theaterrollen und wurde zweimal für den Tony-Award nominiert, später drehte sie auch mit Alfred Hitchcock.
Aber auch Myron Natwicks eigene Geschwister erlangte Popularität. Insgesamt wuchs er mit sieben Geschwistern auf, den Brüdern Frank, Ruby, Albert, genannt „Buff“ und Johnrux und den Schwestern Gladys und Vernon, genannt Deeds. Frank Natwick nahm 1908 als einer der erste Athleten aus Wisconsin an den Olympischen Sommerspielen in London teil, wo er als Hürdenläufer auftrat, allerdings folgend keine großen Erfolge mehr erzielen konnte. Das war jedoch schon zu Universitätszeiten. Zusammen mit Albert war Myron Natwick einer der Footballstars an der Highschool, aber auch die anderen Kinder von James galten als gute Sportler. Aus seiner Schulzeit stammt auch Myron Natwicks bekannter Spitzname, „Grim“. Das hat allerdings nichts damit zu tun, dass er stetig in schwerer Gemütslaune lebte, vielmehr entsprach es genau dem Gegenteil – Myron Natwick war nicht nur guter Sportler, sondern auch sehr poetisch veranlagt. Er schrieb viele Gedichte, die zwar nie veröffentlicht wurden, aber teilweise noch im Umlauf befindlich sind. Später hatte er auch einen zweiten Spitznamen, den er sich aber wohl selbst gab, als ihm der erstere unpassend erschien „ „der Barde“. Als die Disney-Studios am 3. Januar 1931 erstmals ein Telegramm an Natwick schickten und ihm ein Arbeitsangebot unterbreiteten, war statt „Grim“, „Grimm“ zu lesen.
Fleischer, Natwick und Boop[Bearbeiten]
Myron Natwick war fast 30 Jahre alt, als er das erste mal beim Film arbeitete. Über die Zeit davor ist nichts bekannt; möglicherweise war er schon früher aktiv, jedoch fehlen nötige Aufzeichnungen um das zu bestätigen. Klar ist jedoch, dass Myron Natwick Ende 1919 zum ersten mal Regie führte beim Film „Knock on the Window, the Door Is a Jamb“, der 1920 im Kino Premiere feierte. Der Film wurde von International Film Service, kurz IFS, produziert, genauso wie die nachfolgenden Werke, an denen er arbeitete – allesamt als Regisseur, bis Ende 1920. Zwar ging die IFS, die William Randolph Hearst persönlich gegründet hatte, auch in diesem Jahr pleite, dennoch wird das nicht der einzige Grund gewesen sein, dass Natwick nicht mehr beim Film arbeitete, da er sich in diesem Bereich anschließend ganze zehn Jahre nicht mehr betätige. Ein Grund für den Niedergang von IFS war die Unterstützung der Deutschen im 1. Weltkrieg gewesen. Was er damals noch nicht wusste, war, dass mit ihm zahlreiche andere spätere Disney-Zeichner aus dem IFS hervorgingen, darunter Jack King und Ben Sharpsteen, die führenden Regisseure bei Disney, was Cartoons anging, sowie Isadore Klein und Burton Gillett.
Seinen großen Durchbruch erlebte er 1929, als er für Max Fleischers Studio eine neue Figur entwerfen sollte – Betty Boop. Sie sollte als erste sexuell provozierende Figur in die Geschichte des Zeichentricks eingehen und wurde von Myron Natwick nach dem Vorbild der Sängerin Helen Kane (1903-1966) gestaltet, von deren Markenzeichen er sich auch den Nachnamen Bettys entlieh. Ihren ersten Auftritt hatte Natwicks Figur 1930 im Kurzfilm „Dizzy Dishes“. Myron Natwick blieb Max Fleischer noch einige Zeit treu, hatte aber darunter zu Leiden, dass dieser jeglichen Ruhm an der Figur der Betty Boop für sich beanspruchte – sie war die erfolgreichste, die sein Studio je hatte. So verließ er die Studios wieder recht bald und ließ sich erst kurz nach dem Ende der „Ära Boop“ noch einmal engagieren. Das war 1939/40, dort animierte er Prinz und Prinzessin in „Gullivers Reisen“.
Weitere Arbeit und Disney[Bearbeiten]
Bevor Myron Natwick auf Walt Disney traf, arbeitete er fast ein halbes Jahrzehnt als einer der führenden Zeichner bei dessen ehemaligen Chefzeichner, Ub Iwerks, kurz nachdem dieser sein eigenes Studio gegründet hatte. In dieser Zeit arbeitete er an rund 15 Cartoons. 1936 wurde er dann von Walt Disney abgeworben, um an dessen ersten Meisterwerk, „Schneewittchen und die sieben Zwerge“ (1937) zu arbeiten. Dort animierte er als einer der Chefzeichner den Prinzen, davor hatte er an einigen Kurzfilmen mitgearbeitet, wie Mickys Löschzug und Broken Toys. Zwar war Myron Natwicks Anstellung von kurzer Natur – bereits nachdem er in „Fantasia“s (1940) bekanntester Szene, „Der Zauberlehrling“, Micky Maus animiert hatte, verließ er die Studios wieder – dennoch gehörte er zu dieser Zeit zu den wichtigsten Persönlichkeiten dort, da er einer der wenigen war, die bereits viel Erfahrung hatten.
In den Vierziger-, Fünfziger-, und Sechzigerjahren wechselte Myron Natwick mehrmals den Arbeitgeber und gab seine Erfahrung an verschiedene Animationsstudios weiter, darunter das von Walter Lantz, einem der ärgsten Konkurrenten Walt Disneys, der Filmschmiede von William Hanna (1910–2001) und Joseph Barbera (1911–2006) und 20th Century Fox. Allerdings handelte es sich dabei meist um kurzweiliges, so dass er seinen offiziellen Ruhestand schon Ende der Fünfzigerjahre nahm.
Letzte Jahre[Bearbeiten]
Nach seinem Abschied vom Zeichentrickfilm wurde es um Myron Natwick ruhig. 1985 wurde er 95-jährig mit dem Golden Award ausgezeichnet, fünf Jahre später konnte er seinen 100. Geburtstag begehen. Myron Natwick war zu diesem Zeitpunkt der erste Mitarbeiter bei Disney, dem dies gelang. Seinen 100. Geburtstag feierte er mit vielen Freunden und alten Kollegen.
Vier Monate nach diesem Jubiläum erkrankte Natwick an einer Lungenentzündung, während er sie in geschwächtem Zustand auskurierte, konnte er einen kurze Zeit darauf auftretenden Herzinfarkt nicht mehr überleben, so dass er am 7. Oktober 1990 in Los Angeles, Kalifornien, verstarb.
Auszeichnungen[Bearbeiten]
Im Jahr 1985 wurde Myron Natwick mit dem Golden Award der „Motion Picture Screen Cartoonists Awards“ ausgezeichnet, ein Preis, der nur an Trickfilmpersönlichkeiten verliehen wird, die vor mindestens einem halben Jahrhundert begonnen hatten, sich dort zu betätigen. Der Award wird nur in den USA vergeben, zuletzt 1992, nachdem es von 1984 bis 1988 Verleihungen gegeben hatte. Zu den bis heute rund 35 Preisträgern gehören auch Wolfgang Reitherman, Walter Lantz und Ward Kimball.
Filmographie[Bearbeiten]
Seine erste Arbeit beim Film nahm Myron Natwick 1919 an, als Regisseur für den Film „Knock on the Window, the Door Is a Jamb“, der im April 1920 Premiere hatte. Nachdem er einige weitere Filme abgedreht hatte, verließ er die Branche bis Ende der Zwanzigerjahre, um ab 1930 schnell als einer der gefragtesten Cartoonisten der Fleischer-Studios aufzusteigen. So gewann ihn der damalig auch größte Konkurrent von Max Fleischer, Walt Disney, für einen Posten als Chefzeichner ab 1937. Des Weiteren arbeitete er für die UPA (United Productions of America), Walter Lantz, Richard Williams und Ub Iwerks, während dieser ein eigenständiges Studio betrieb. Bis 1951 arbeitete er an zahlreichen Produktionen, anschließend nur noch vereinzelt. Er arbeitete sowohl als Regisseur als auch als Animator, jedoch fast ausschließlich unter seinem Spitznamen „Grim“.
Regie[Bearbeiten]
|
Studios[Bearbeiten]
|
1International Film Service Inc.; 2Geleitet von Ub Iwerks; 3United Productions of America
Trickfilmzeichner (Auswahl)[Bearbeiten]
|
|