LTB 22: Rezension
In diesem Artikel wird das LTB 22 rezensiert. Ist dieser Band einen Kauf wert oder sollte er lieber im Kiosk stehen bleiben? Du weißt es nicht? Dann lies das! Einen neutralen enzyklopädischen Artikel findest du unter LTB 22.
Jeder kann hier seine persönliche Meinung zu den in LTB 22 erschienenen Geschichten verfassen. Eine Unterschrift unter jedem Kommentar ist erwünscht (einzufügen mit ~~~~). Die Geschichten können mit Highlight , Gut , Mittelmaß oder Schlecht bewertet werden. Bei der Bewertung sollten Zeichnungen, Plot und Übersetzungen mit einbezogen werden. Eine genaue Anleitung zum Verfassen einer Rezension findest du hier. Viel Spaß!
Cover
„Donald auf großer Fahrt“ – aber mit seinen engsten Freunden und Verwandten, mit Daisy, den drei Neffen, Oma Duck und Onkel Dagobert. Äußerst freundlich sehen sie aus trotz der äußerst beengten Sitzverhältnisse in dem gelben Wagen, der ein ähnlich freundliches Antlitz hat, dem aber gerade – vielleicht wegen der Traglast – der Stopfen vom Kessel fliegt. Der rosa Hintergrund mit der gelben Schrift ist poppig und passt ins Jahr 1972…
Das scheint nicht der gute alte 313 zu sein, denn dieser ist ja bekanntlich rot, sondern ein anderes Automobil. Jedenfalls fehlt auch das weltbekannte Kfz-Kennzeichen. Mir gefällt nicht nur die Gutgelauntheit des Covers und wie es zum Titel des Bandes passt, sondern auch, dass es von Giovan Battista Carpi gestaltet werden durfte – der ja auch zwischen den Buchdeckeln diesem Band seinen Stempel aufdrückte. Hobrowili (Diskussion) 16:59, 9. Nov. 2024 (CET)
Rahmengeschichte
Obwohl meistens nur kurze Verknüpfungen zwischen den abgedruckten Geschichten des Bandes geschaffen werden, ist das eine ziemlich grässliche Rahmenhandlung – indem es mal wieder nur um Geld, Schulden und Ausbeutung fremder Arbeitskraft geht. Mehr als einmal zeigt Donald sein überschießendes Gewaltpotenzial – Nicht nur geht er per Fliegerangriff gegen das Baumhaus seiner Neffen vor, sondern auch mit der Spitzhacke gegen seinen Onkel Dagobert. Vor allem angesichts der größtenteils gelungenen Geschichten im Band ist das diesmal eine besonders augenfällige Minderleistung des Duos Dalmasso/Perego. Hobrowili (Diskussion) 16:59, 9. Nov. 2024 (CET)
Aus dem Leben Traugott Taugerichs
„Wenn einer von uns beiden stirbt, dann bist du’s!“ (der alte Pirat)
Daisy bricht mit ihrer Freundin Klarabella zu einer Europa-Reise auf und hinterlässt Donald den Schlüssel zu ihrem Haus sowie 1000 SSS („Sardinen-in-Senf-Sauce“)-Aktien, die ihre gesamten Ersparnisse darstellen. Donald verfällt alsbald in eine Art Verfolgungswahn, irgendjemand könnte ihm die Papiere entwenden. Als ihm dann auch noch Dagobert mitteilt, die Aktien seien gar nichts mehr wert, verbrennt er sie, halb wahnsinnig geworden, auf einem Scheiterhaufen im Garten. Wieder bei Besinnung, findet er, um seine Scharte wieder auszuwetzen, eine Anstellung in einer seltsamen Familie: Die Zwillinge Zwillich tragen ihm auf, in der Zeit ihrer Abwesenheit auf ihren Großvater, den Korsaren, aufzupassen. Der Alte, überraschend gut auf Zack, sucht in der Nacht Donald auf, den er für Dagobert hält, der ihn einst bei Geschäften im Indischen Ozean übers Ohr gehauen hatte. Aus Rachegelüsten betäubt er Donald und setzt ihn auf einer festverankerten künstlichen Insel aus. Hier geht es für den armen Donald ums pure Überleben. Da erfasst ihn ein Taifun, der ihn bis zum arktischen Polarkreis weht. Dort begrüßt ihn Mamuk, der Bürgermeister und einzige Einwohner von Unternullstadt. In einer aufgefischten Flaschenpost, die Mamuk ihm zeigt, vermutet Donald eine alte Schatzkarte. Sein Ziel ist jetzt wieder Entenhausen und dort Daniel Düsentrieb, der ihre Schrift wieder sichtbar machen soll. Mit einem gewissen Baldur Backfisch, der mit seinem Flugzeug notlanden muss und von ihnen tiefgefrorenes Benzin erhält, machen sich Donald, Mamuk und dessen treuer Seehund auf den Flug nach Entenhausen. Doch die vermeintliche Schatzkarte erweist sich als Teil eines hydrographischen Versuchs des Marine-Ministeriums – Donald geht mal wieder leer aus. Da taucht plötzlich Backfisch wieder auf – er ist zufällig der Inhaber der Firma SSS und schenkt Donald genau 1000 Aktien. Diese konnten ihren Wert wieder steigern, weil Backfisch die Börsenmanipulationen eines Geschäftskontrahenten, dem die Firma „TTT“ („Thunfisch in Tomatentunke“) gehört, im letzten Moment vereiteln konnte. Was wir schon ahnten, wird auf der letzten Seite zur Gewissheit: Dieser Kontrahent heißt Dagobert Duck…
Nun gut, sicherlich schlingert die Handlung stellenweise ganz beträchtlich – doch alles in allem ist das ein dolles Ding und ganz gewiss das beste Resultat der Zusammenarbeit Guido Martinas mit Giovan Battista Carpi aus den 60er Jahren. Als Kind muss ich bereits dem Zauber dieser aberwitzigen Odyssee Donalds von Entenhausen auf hohe See, den Nordpol und wieder zurück erlegen sein, gab ich der Geschichte doch in meiner Bewertungsskala optimale vier Sterne. Bei der Neulektüre fand ich die antithetische Struktur der beiden Handlungskerne spannend: In der Entenhausener Villa schnuppert Donald in das „falsche Leben“ hinein: Gierige Erbschleicher und einen rachsüchtigen alten Mann, der seine Verwandten eine Taubstummheit vortäuscht, um diese umso sicherer ausforschen zu können. Statt Donald zu danken, dass dieser ihm seine Einsamkeit erträglicher macht, stopft er ihm eine mit Betäubungsmittel behandelte Mandarine in den Schnabel. Er tut es ihm, wie er es von seinem „Geschäftspartner“ Dagobert beim Schmuggel in Indochina erlitten hatte. Dass Dagobert am Ende der Geschichte als betrogener Betrüger dasteht, ist auch als späte Strafe für seinen damaligen schnöden Verrat zu deuten. Geradezu alptraumhaft liest sich der Mittelteil mit dem den Launen des Ozeans und seiner Bewohner ausgelieferten Donald. Doch wie in jedem guten Bildungsroman entwickelt sich der Held weiter: Am Nordpol lernt er das „richtige Leben“ kennen: Der Eskimo Mamuk, der, herzensgut und mit so wenig zufrieden, im Einklang mit den Tieren lebt, aber auch – welch Unterschied zum Korsaren! – ganz ohne verbittert zu sein, der Einsamkeit gerne entfliehen möchte. Derart mit allen Lebensfacetten vertraut gemacht und daran gewachsen, darf Donald in dieser Geschichte einfach nicht scheitern: Baldur Backfisch wird sein „deus ex machina“, der ihm genau jene Zahl von Aktien wieder in die Hände spült, die er am Anfang von Daisy in Empfang nahm, dann aber unter falscher Einflüsterung schlechter Ratgeber (Dagoberts) zu früh abschrieb. Die Handlung ist im Ansatz ja einem französischen Roman von 1858, „Le Roman d’un jeune homme pauvre“ von Octave Feuillet nachempfunden, in dem der junge bankrotte Adlige Maxime als Verwalter in ein reiches Haus kommt, in dem ein alter Korsar, der auf gewiss nicht rechtschaffenem Weg an sein Vermögen gelangt ist, das Regiment führt. An dieser Stelle verlassen Martina und Carpi zum Glück die verkitschten Pfade Feuillets. Die erste Übersetzerin Gudrun Penndorf traf zudem eine kluge Entscheidung, die Geschichte auf Deutsch „Aus dem Leben Traugott Taugerichs“ zu taufen, hat Donald hier zwar nicht alles, aber doch einiges vom Helden der Novelle „Aus dem Leben eines Taugenichts“ von Joseph von Eichendorff: Seine Naivität und Wanderschaft machen auch ihn zu einem Romantiker reinsten Wassers. Er ist vor allem im Mittelteil der „reine Tor“, der sich völlig unverschuldet in Gespinste der Vergangenheit eines anderen verfängt. Schade, dass diese Bezüge im drögen Titel der Neuauflage, „Der alte Pirat“, verschüttet worden sind. Hobrowili (Diskussion) 16:59, 9. Nov. 2024 (CET)
Donald wird fündig
„Er hat eben draußen den Leo k.o. geschlagen, reicht das?“ – „Oh? Ja, dann kann er anfangen!“ (im Entenhausener Bergbau herrschen recht krachlederne Einstellungsvoraussetzungen)
Kaum hat Donald geträumt, sein Onkel Dagobert habe all seine Sachen pfänden lassen und ihn und ihn und die Kinder auf die Straße gesetzt, droht der reale Geizhals tatsächlich mit diesem Schritt. Donald muss sich wohl oder übel einen Job suchen, scheitert aber als Kellner und als Rettungsläufer auf der Eisbahn. Als Bergmann in der Goldmine wird er genommen, weil er in der Warteschlange vor dem Bewerberbüro vermeintlich seine Kraft unter Beweis gestellt hat. Doch vor Ort im Bergwerk ist dann alles anders: Donald ist schon bald mordsmäßig geschlaucht, doch die Aufsicht auf die Lohntüte am nächsten Tag treibt ihn weiter an. Ein Drittel seines Gehalts muss er aber an seinen Kollegen Leo abgeben, als Lohn dafür, dass er ihn hatte k.o. schlagen dürfen. Doch gerade diesem Leo kommt er auf die Schliche, wie er krumme Dinger dreht: Bei Feierabend lässt Leo seine echte Spitzhacke in der Mine zurück und nimmt stattdessen eine mit Goldnuggets gefüllte Gummihacke mit nach draußen. Beim Showdown zwischen Donald und Leo stürzt die Mine in sich zusammen. An Donalds Krankenbett erscheint bald darauf überraschend Dagobert als Eigentümer der Mine. Aber selbst in dieser Situation versucht Dagobert seinen von Arbeit, Faustkampf und Grubenunglück gezeichneten Neffen noch zu übervorteilen…
Mit „Donald wird fündig“ – in der Neuauflage nicht viel treffender in „Ein harter Job“ umgetauft – hat Ennio Missaglia einen der seltenen Ausflüge der Ducks in die Welt des Bergbaus geschrieben. Der Anfang zeigt Donald als typischen Angehörigen der besitzlosen Klasse: Es gibt da eine eindrucksvolle Traumszene, die Donald und die Kinder frierend unter einer Brücke zeigt (S. 80). Doch er hat noch seine Arbeitskraft, die er zu Markte trägt. Mit den weichzeichnenden Mitteln Disneys und der LTBs wird die Welt der Bergleute durchaus als gewalttätig, unmenschlich, sittenlos und gefahrvoll beschrieben – so wird aus diesem Comic ein fast schon naturalistischer „Germinal“-Verschnitt. Ganz nach Marx kann sich der Proletarier trotz seiner Heldentat in keinster Weise aus dem Abhängigkeits- und Ausbeutungsverhältnis zum Unternehmer (Dagobert) befreien – ohne Klassenbewusstsein bleibt ihm nur, dem Bourgeois in unbändiger Wut mit der Spitzhacke hinterherzujagen (S. 106). Neben der Handlung gefallen mir hier auch die Zeichnungen Luciano Gattos, der als 33-jähriger seinen zeichnerischen Zenit erreicht zu haben schien. Die Figuren haben in Mimik und Gestik sehr authentischen Ausdruck, und zur stimmigen Atmosphäre gehören einige gelungene Panels vom schmuddeligen Winter in der Großstadt und in der Nacht. Eine kleine, feine, erinnerungswürdige Geschichte! Hobrowili (Diskussion) 16:59, 9. Nov. 2024 (CET)
Der Gehirntrockenspüler
„Gib mir die 1000 Taler und du darfst 2 Minuten lang Goldduft schnuppern!“ (Dagoberts großzügige Ader ist schon wieder versiegt)
Dagobert verkleidet sich als armer, alter Mann, um sich vom menschen- und entenfreundlichen Arzt Dr. Heilmann umsonst behandeln zu lassen. Obwohl der ihn alsbald durchschaut, erlässt er ihm die Kosten, „allein aus medizinischem Interesse an Ihren Gehirnwindungen“ (S. 115). Mit seinem „Gehirntrockenspüler“ modelt Heilmann seinen Patienten in Minutenschnelle zur großzügigen Glücksfee um, die Donald sogleich 1000 Taler schenkt – einfach so und ohne Gegenleistung. Seinen Neffen verspricht Donald, mit dem Geld einen Urlaub zu bezahlen, doch seine Gläubiger sind hinter ihm her und knöpfen ihm das ganze schöne Geld wieder ab. Als Donald danach ruckzuck wieder bei Dagobert vorspricht, hat der seine Freigebigkeit schon wieder verloren – die Resultate des Gehirntrockenspülers halten nur zwei Stunden. Im Gegenteil will er seine 1000 Taler wiederhaben und schleppt Donald zu Dr. Heilmann, der ihn mithilfe seines Wundergeräts „zum fleißigsten Muskelprotz aller Zeiten“ (Dagobert) zurechtmanipuliert. Donald ist in seinem Arbeitseifer von nun an nicht zu stoppen und entwendet einen Apfelkarren, um die Früchte zu verkaufen. Doch auch bei ihm ist die Wirkung nur vorübergehend: Als Dagobert ihn vor die Wahl stellt, die Schulden abzuarbeiten oder (für den Apfeldiebstahl) ins Gefängnis zu gehen, wählt Donald letzteres, weil er sich freie Kost und Logis verspricht. Doch er hat Pech: Der Eulenrichter verknackt ihn zu Zwangsarbeit…
Der Beginn mit dem Clinch zwischen Dr. Heilmann und Dagobert ist sehenswert und vielversprechend. In dem tiefgründigen Motiv der Gehirnwäsche liegt eine Menge Potenzial, das aber allenfalls zur Hälfte ausgeschöpft wird. Unversehens wird in der Mitte die Dagobert- zur Donald-Handlung, deren Einzelteile auch nicht mehr so recht zusammenpassen wollen. Dennoch auf der Martina/Bordini-Skala eines der etwas besseren Werke. Hobrowili (Diskussion) 16:59, 9. Nov. 2024 (CET)
Erbschaft mit Hindernissen
„Hinein mit euch zu eurer Tante!“ (Mike verrät sich ordentlich)
Donald tritt als Nachfahre Donato Ducks dessen Erbe an und wird so der neue Besitzer einer Orangenfarm in Horse-City, wohin er sich mit Daisy und Tick, Trick und Track auf den Weg macht. Doch dort treibt der geheimnisvolle „Löcherschreck“ sein Unwesen, der nicht nur Löcher auf dem Boden der Ranch zu graben, sondern auch mit einer zielgenau geworfenen Schaufel seine Verfolger abzuschütteln pflegt. Auch ganze Orangenbäume verschwinden auf geheimnisvolle Weise. Vormann Mike, der Verwalter der Ranch, war dem Phantom einige Male auf den Fersen, hatte aber stets das Nachsehen. Schließlich haben bereits in ihrer ersten Nacht auch Donald und die Kinder dieses zweifelhafte Vergnügen. Die Dinge spitzen sich zu, als Daisy gekidnappt wird. Es folgen die Kinder, während sie auskundschaften, dass die Bäume per Zeppelin wegtransportiert worden sind. Donald sucht mit Mike die Verschwundenen, doch auch er wird überwältigt. Mike fliegt schließlich als Löcherschreck auf: Er suchte die Schatztruhe Donato Ducks, um die aufgrund der ebenfalls von ihm veranstalteten Diebstähle entwertete Ranch kaufen zu können. Mike wird ausgeschaltet, doch auch die Ducks suchen den Schatz weiter und finden schließlich die Schatzkassette. Da taucht ein neuer Erbe auf: Gustav war der einzige Verwandte, der Donato einst in seiner Einsamkeit besucht hatte, worauf dieser sein Testament noch einmal geändert hatte. Gustav – „Ich bin kein Unmensch!“ (S. 180) drückt Donald einige Geldscheine in die Hand, die ihm der mit dem Helikopter einfliegende Dagobert jedoch sofort wieder entwendet – es ist genau der Betrag, den Donald ihm noch schuldet…
Es verhält sich mit dieser Geschichte, wie alle anderen Geschichten in diesem Band im Jahr 1967 ersterschienen, ein wenig wie mit „Donald wird fündig“: Wie dort die zeichnerische Leistung von Luciano Gatto, ist hier jene von Giulio Chierchini überraschend gut. Sein Strich passt einfach zu dem Westerner-Setting, ist vergleichsweise detailreich und gerade in den thrilligen Szenen, die die Geheimidentität von Vormann Mike zwar zart andeuten, aber doch noch bewahren, auch recht atmosphärisch. Die Story der Barosso-Brüder erinnert stark an eine von Gian Giacomo Dalmasso drei Jahre zuvor entwickelte Micky-Geschichte (Micky regelt Klarabellas Erbschaft, LTB 13), ist aber eher sogar noch etwas spannender und vor allem straffer erzählt. Das Auftauchen von Gustav und Dagobert ist auch nicht so unvermittelt, wie man auf den ersten Blick denken könnte, wird diese Wendung doch zu Beginn (S. 149 und 151) behutsam vorbereitet. Gar nicht anfreunden kann ich mich hingegen mit den Allerweltstiteln der deutschen Erst- wie der Neuauflage („Erbschaft mit Hindernissen“, „Wie gewonnen, so zerronnen“), wenn auch ein funkelnder Titel wie „Der Löcherschreck der Orangenfarm“ oder so ähnlich möglich gewesen wäre. Hobrowili (Diskussion) 16:59, 9. Nov. 2024 (CET)
Aug um Auge
„Köstlich! Köstlich! Grok! Grok!“ (Bengalo liebt nun mal Sonnenblumenkerne)
Um sich Arbeit zu ersparen, entledigt sich [[Donald der gesamten eingegangenen Post, die er eigentlich für seinen Onkel Dagobert zu erledigen hat, in dem hypermodernen Super-Anspitzer von Daniel Düsentrieb. Doch in einem der Umschläge war offenbar auch ein Rubin namens „Auge der Kala-Kala“, den Dagobert jetzt vermisst – zermalmt auf ewig. Zugesandt war er von seinem Freund Kuma aus Rubinland, mit dem er vor Jahren den Wächtern des Tempels der Göttin Kala-Kala mit knapper Not entkommen war. Den Rubin, die Pupille der Kala-Kala-Statue, hatte Kuma nun im Nachfassen in seinen Besitz bringen und durch einen Glasstein ersetzen können. Da er ihm entgegen der Legende kein Glück brachte, gedachte er ihm seinem alten Freund zu. Doch zwei Augen – zwei Rubine, und so schickt Dagobert seine Neffen und Großneffen auf die Reise, um wenigstens den zweiten zu ergattern. Auf der Suche hilft Bengalo, Kumas alten Papagei, der ihn auch auf seiner eigenen Expedition begleitet hatte. Nun geht es Donald, Tick, Trick und Track nicht anders als Kuma und Dagobert damals: Sie werden von den Tempeldienern ergriffen, können mit Bengalos Hilfe jedoch fliehen. Donald erklimmt die Statue und entfernt den Stein, der jedoch herunterfällt. Wieder ist Bengalo der Retter und fängt ihn auf. Und doch geht das Ganze nicht gut aus: Zurück in Entenhausen, erkennt Dagobert, dass Donald den falschen, nämlich den von Kuma in der rechten Kala-Kala-Augenhöhle hinterlassenen Glasstein erwischt hat…
Schon wieder gilt es über den Titel zu meckern: Bei Inducks und Duckipedia ist dieser Comic als „Auge um Auge, Kern um Kern“ aufgenommen, womit der Tatsache Rechnung getragen ist, dass der sympathisch-eigenwillige Sidekick Bengalo so sehr auf Sonnenblumenkerne steht. In meinem LTB-Nachdruck von 1980 heißt diese Geschichte noch schlicht „Aug um Auge“ (warum eigentlich „Aug“?), also auch hier deutlich weniger charakteristisch als der deutlich atmosphärische italienische Originaltitel „L’occho di Kala-Kala“. Wie dem auch sei, Carpi, diesmal unter Autorschaft Osvaldo Paveses, hat auch hier wieder prima gearbeitet. Es gibt eine Fülle von schönen, action- und gagreichen Panels, die man hier hervorheben möchte, und das auf selbst für eine flott erzählte Abenteuergeschichte außerordentlich knappen 30 Seiten. Die Mischung mit der Gattung der Gaggeschichte funktioniert sehr gut, und die Art der Aufgleisung und Gestaltung des Abenteuers erinnert gar ein wenig an Carl Barks, vor allem das großformatige Panel auf S. 200 an eine ähnliche Szene im Klassiker „Im Land der viereckigen Eier“. Dass die Rubine würden verwechselt werden können, schwebte ja schon früh als Möglichkeit im Raum, aber diese gewisse Vorhersehbarkeit tut dem großen Spaß an der ganzen Sache aus meiner Sicht keinen gewaltigen Abbruch. Hobrowili (Diskussion) 16:59, 9. Nov. 2024 (CET)
Eine Pilgerfahrt in die Vergangenheit
„Meine saphirbesetzte Uhr zeigt Mitternacht!“ (die „schöne Rosy“ ist trotz ihres Reichtums bescheiden geblieben)
Um seine Jugendzeit wiederauferstehen zu lassen, unternimmt Dagobert mit Donald eine Reise durch die Wüste nach Golden City, wo er einst völlig mittellos lebte. Stolz und begeistert zeigt er Donald in der Geisterstadt die Orte seines Wirkens, unter anderem den Tarantel-Saloon, in dem damals die schöne Rosy sang, hinter der alle Männer von Golden City her waren. In der Nacht hört Dagobert seltsamen Gesang aus dem Saloon, und tatsächlich ist auch Rosy zurückgekehrt. Das freudige Wiedersehen wird gestört von Joe Schlappohr, damals Dagoberts Nebenbuhler. Es wird klar, dass Rosy als Erbin eines Vermögens ihres verstorbenen Mannes sehr reich geworden ist. Ein Duell soll klären, wem Rosy eine große Handtasche voll Diamanten schenkt. Donald will nicht, dass sich die beiden Kontrahenten wegen des schnöden Mammons gegenseitig umbringen und entfernt die Kugeln aus den Gewehren. Doch Joe hat Ersatzpatronen zur Hand und gewinnt auf diese Weise. Doch auch Dagobert hat noch Aussicht auf Gewinn: Im Radio hört er, dass für einen Superwestern zu jedem Preis eine authentische Westernstadt gesucht wird. Bevor er zum Grundbuchamt fahren kann, legt Donald ein allesvertilgendes Feuer, um Dagobert zur Abreise aus diesem „Kaff“ (S. 252) zu bewegen…
Alles an dieser Geschichte von Martina/Capitanio ist ein stotterndes Vehikel, um so etwas wie Goldgräberromantik heraufzubeschwören. Dass dies kaum, und wenn, dann nur mittels der maroden Bausubstanz gelingt, liegt auch, trotz aller Lippenbekenntnisse, an der nahezu rein materialistischen Lesart der „Liebe“ zwischen Rosy und „Dagobill“, wie sie ihn nennt. Ganz schön abstoßend (nicht nur für Donald), wie Dagobert zunächst den Armen spielt, um Rosy nicht an der Backe zu haben, und sodann, um sich für ihren Diamantensegen zu qualifizieren. Für Puristen ist es ja ohnehin schwer erträglich, dass Dagobert neben der legendären Nelly aus Barks‘„Wiedersehn mit Klondike“ noch jemals eine andere Gespielin gehabt haben durfte, und punkto Attraktivität kann es diese Rosy mit Nelly schon aufgrund der zeichnerischen Limitierungen Capitanios keinesfalls aufnehmen. Hobrowili (Diskussion) 16:59, 9. Nov. 2024 (CET)
Fazit
Ein sehr guter Band, vielleicht der beste 20er-Band der LTBs überhaupt. Hauptverantwortlicher für die ungewöhnlich hohe zeichnerische Qualität der Geschichten ist einmal nicht Romano Scarpa, sondern Giovan Battista Carpi. Aber auch die Zeichner Luciano Gatto und Giulio Chierchini schicken jeweils eine ihrer besten Geschichten ins Rennen. Abschreckend bei der Nachbetrachtung des Bandes erwiesen sich jedoch die auffälligen Titelkonfusionen und -abänderungen. Hobrowili (Diskussion) 16:59, 9. Nov. 2024 (CET)