LTB 76: Rezension
In diesem Artikel wird das LTB 76 rezensiert. Ist dieser Band einen Kauf wert oder sollte er lieber im Kiosk stehen bleiben? Du weißt es nicht? Dann lies das! Einen neutralen enzyklopädischen Artikel findest du unter LTB 76.
Jeder kann hier seine persönliche Meinung zu den in LTB 76 erschienenen Geschichten verfassen. Eine Unterschrift unter jedem Kommentar ist erwünscht (einzufügen mit ~~~~). Die Geschichten können mit Highlight , Gut , Mittelmaß oder Schlecht bewertet werden. Bei der Bewertung sollten Zeichnungen, Plot und Übersetzungen mit einbezogen werden. Eine genaue Anleitung zum Verfassen einer Rezension findest du hier. Viel Spaß!
Cover[Bearbeiten]
Micky, im ledernen Chefsessel vor rotem Hintergrund, nimmt an vier Telefonen gleichzeitig offenbar Aufträge entgegen – oder er leistet Recherchearbeit im neuesten „Fall für Micky“…
Auch wenn das Motiv womöglich eher zu einem Börsenmakler passt als zu einem Detektiv, ist es von Giancarlo Gatti sehr schön entworfen und umgesetzt. Das Tempo, in dem Micky die Telefonate führt, wird durch die Bewegungslinien und die fliegenden Schweißtropfen von Mickys Stirn unterstrichen. Gut gefällt mir auch die Weckerform der altmodischen, verschiedenfarbigen Wählscheiben-Telefone, die passgenau mit den jeweiligen Hörern verkabelt sind, wobei die tanzenden Telefonschnüre die Dynamik ebenfalls aufgreifen. Hobrowili (Diskussion) 21:21, 7. Jan. 2025 (CET)
Rahmengeschichte[Bearbeiten]
Die weltweite „Cosmotelevision“ (Tokio-Entenhausen-New York) bringt an vier aufeinanderfolgenden vier Kriminalfälle Mickys – mit diesem selbst und seinen Freunden als Hauptdarsteller – ins Fernsehen. Die Freude aller Beteiligten wird dadurch überschattet, dass Goofy durch Unbekannte verdächtig gemacht wird, Micky und Minni die durch die Cosmotelevision als Sonderprämie ausgezahlten Goldmünzen aus den Schubläden ihrer Häuser geraubt zu haben. Am Ende fliegt Trudi als Übeltäterin auf, aber natürlich, aus dem Gefängnis heraus, durch ihren Karlo instruiert…
Auch wenn auch diese Rahmengeschichte von Dalmasso/Perego, ziemlich breit aufgegleist, zu viel will, fügt sie sich doch recht gut in die Atmosphäre der vier Kriminalfälle, die sie verbindet. Hier ist außerdem interessant, wie die sich die Qualität der verbundenen Geschichten in den gewählten Übergängen spiegelt: Während Micky für die beiden ersten Folgen, zunächst beim Empfang der Cosmotelevision, dann in Alfons‘ Internat, abgefeiert wird, schaltet er nach der weitaus schwächeren dritten Folge kommentarlos den Apparat ab und wendet sich gleich wieder der Rahmenhandlung zu: „Der Film ist zu Ende, und von Goofy immer noch kein Lebenszeichen!“ (S. 193). Nach der letzten Folge hat passenderweise dann Goofy als der heimliche Hauptdarsteller in „Ein entfernter Verwandter“ das erste Wort (S. 250). Hobrowili (Diskussion) 21:21, 7. Jan. 2025 (CET)
Micky und die vierte Dimension[Bearbeiten]
„Übrigens, Professor! Was macht eigentlich dieser kleine Kerl hier?“ – „Atömchen? Er ist mein Schüler! Niemand hat je ein Atom gesehen! Aber ich habe es zweibirilliardenfach vergrößert und dabei entdeckt, daß es ein Lebewesen ist wie wir! Außergewöhnlich sind nur die Elektronen, die es umkreisen!“ (Professor Wunderlichs gibt Micky eine konzise Einführung in den Ursprung des neuesten Bewohners des Disney-Universums)
Mitten im Sommer regnet es in Entenhausen Zuckerwatte und „Leuchtschnee“. Laut Werbedurchsagen im Radio stecken Firmen hinter den Aktionen, doch „Schnüffler“ Micky findet heraus, dass diese gar nicht existieren. Die Adresse, die er vom Radiosender bekommt, führt ihn zur Entenhausener Polizeidirektion. Kommissar Hunter und der Bürgermeister weihen Micky ein: Entenhausen wird von einem skrupellosen Erpresser bedroht, der das nächste Mal Juckpulver auf die Stadt niedergehen lassen will. Alle aufwändigen Versuche der Polizei, die Quelle des Phänomens ausfindig zu machen, scheitern. Die Verantwortlichen deponieren in der ausgestreckten Hand eines Denkmals eine Kassette mit einer Million Taler, die sich vor Augen aller in Luft auflöst. Doch der Erpresser ist noch nicht fertig und droht mit einem Knallerbsenhagel, wenn das nächste Mal nicht eine Milliarde fließt… Parallel wird von „einem Ort weder innerhalb noch außerhalb der Stadt“ (S. 29) der Kontakt zu Micky gesucht. Ein seltsames Wesen lauert zunächst Minni auf, merkt dann aber, falsch gelegen zu haben, und verfolgt Micky. Es stellt sich ihm als „Atömchen“ vor und entführt ihn in eine andere Dimension, um ihn zu seinem Herrn zu bringen. Es ist Professor Wunderlich, ein Erfinder, dessen Bekanntschaft Micky bereits in einem früheren Fall gemacht hatte. Wunderlich zeigt ihm die Leere der „vierten Dimension“, in die er sich, um in Ruhe leben und arbeiten zu können, zurückgezogen hat. Auch in die Umstände des Falles, der Micky und die Polizei momentan beschäftigt, weiht er seinen Besuch ein: Atömchen, ein vergrößertes Atom mit besonderen Fähigkeiten, wie zum Beispiel Materie zu verwandeln, hat noch ein Brüderchen, Betömchen, der irgendwie hinter den Erpressungen stecken müsse. Eines Tages war dieser nämlich mit sowohl den Plänen für die vergrößernde Atomunkulus-Schleuder als auch einem tragbaren Dimensionen-Umschalter verschwunden. Micky und Atömchen kehren in die hiesige Welt zurück, weihen die Offiziellen ein, und verstecken sich in der Milliarden-Taler-Kiste, die ebenso verschwindet wie die erste. Sie langen in einer weiteren abgekapselten Delta-Dimension an, von keinem Geringeren als Kater Karlo geschaffen, der auch Betömchen in seine Dienste gestellt hat. Sein Plan ist nichts weniger als mittels einer Armee von vergrößerten Atomen die Weltherrschaft zu erlangen. Im Kampf mit gespuckten Mesonen unterliegt Atömchen seinem Bruder. Doch als Karlo gerade Micky mit der Schleuder auf Atomgröße verkleinern will, wendet sich Betömchen überraschend gegen ihn. Während Karlo nun seinen Helfer rück-atomisiert, nutzen Micky und Atömchen die Gunst der Sekunde, um ihren Peiniger zu entwaffnen. Es beginnt ein Katz- und Maus-Spiel zwischen Karlo und Micky, das letzterer siegreich beendet. In der herkömmlichen Dimension nimmt die Polizei den gut verschnürten Karlo in Empfang. Micky aber verabschiedet seinen neuen Freund, der zu Professor Wunderlich in die Delta-Dimension zurückkehrt…
Dieses LTB ist ja dadurch, dass es gleich drei absolute Scarpa-Klassiker enthält, sowieso eine reine Freude, aber dadurch, dass diese drei Geschichten drei verschiedene, recht kurz aufeinanderfolgende Schaffensphasen des jungen Scarpa in den Jahren 1957 bis 1959 (bzw. absteigend von 1959 bis 1957) repräsentieren, ist er es umso mehr. In den Kern und auf den Zenit von Scarpas Comic-Kunst führt der Band auch deshalb, weil er ganz Micky gewidmet ist, der Lieblingsfigur Scarpas, der in ihm den „amerikanischen Durchschnittsbürger“ verkörpert sah. „Micky und die vierte Dimension“, ersterschienen im März 1959, zeigt Scarpa bereits als so weit von der Floyd-Gottfredson-Tradition, in die er sich mit seinen Micky-Geschichten selbst stellte, emanzipiert, dass er sie virtuos seinen eigenen erzählerischen Zwecken, seiner Vision von einer perfekten Micky-Geschichte, anzuverwandeln begann. Scarpa baut einerseits die Grundidee der mit Guido Martina vier Jahre zuvor realisierten Geschichte „Das doppelte Geheimnis des Schwarzen Phantoms“ aus, Gottfredsons Werk fortzuschreiben, andererseits entwickelt er sie in Richtung einer das gesamte Micky-Universum umfassenden Meta-Erzählung weiter. Neu ist die Freude am Spiel mit der Disney-Tradition: So zeigt Professor Wunderlich seinem gelehrigen Schüler Atömchen ein Bild des „jungen“ Gottfredson-Micky, wie er ihn 1936 in dem Klassiker "Micky Maus auf der Wolkeninsel" kennengelernt hatte, kurz bevor Micky seine schwarzen Knopfaugen verlor. Irrtümlicherweise hält daraufhin Atömchen Minni für Micky, was auch als ironischer Kommentar darauf verstanden werden kann, dass die Disney-Studios im Grunde eine Figur als zwei verkauft hatten – Minni ist ja nichts anderes als Micky mit einigen (wenigen) weiblichen Erkennungszeichen. In dieselbe Richtung geht Scarpas Hommage an Kater Karlos Holzbein. Gottfredson hatte erst 1941 die Anweisung „von oben“ bekommen, in seinen Comics auf Karlos Holzbein zu verzichten, das dieser in den Cartoons bereits 1936 verloren hatte. Dadurch wurde der Name „Peg-Leg Pete“, den Karlo nur in den Comics dauerhaft trug, nunmehr sozusagen gegenstandslos. Scarpa gibt dem Schurken, indem er ihm in einem Panel den Stiefel abstreifen lässt, wodurch das Holzbein sichtbar wird (S. 77), sozusagen seine Identität zurück. Eine weitere ausgeprägte Gottfredson-Assoziation hinterlässt auch Atömchen, die erste später mehrfach auch von anderen Autoren wiederverwendete, erfolgreiche Neuschöpfung Scarpas im Disney-Universum. Wie der vom Duo Walsh/Gottfredson erfundene Gamma steht er für die Zukunft, doch während bei Gamma immer etwas vage blieb, was denn nun genau das Zukunftsweisende an ihm sein sollte, symbolisiert Atömchen viel passgenauer den Fortschrittsoptimismus des begonnenen Atomzeitalters. Weiter interpretiert, stehen er für die positiven, wohlstandsschaffenden, und sein verzogener Bruder Betömchen für die negativen, zerstörerischen Einsatzbereiche der neuen Technologie. Über all diese Bezüge soll nicht verlorengehen, wie viele großartige Gags „Micky und die vierte Dimension“ aufweist. Dabei beginnt sich die Gag-Struktur, mit der Scarpa arbeitet, allmählich zu verändern. Der großartige Showdown zwischen Micky und Karlo auf den Seiten 75 bis 82 ist ein Feuerwerk, das seinen Ursprung in den Comic-Strips schwer verbergen kann. Daneben fließen aber auch bereits Bildgags ein, die eher eine begleitende Qualität aufweisen, also eine Nebenebene zum Hauptstrom des komplexen Kriminal-Plots etablieren, etwa in einer frühen Szene die überkochende Milch, die versinnbildlicht, wie abgelenkt Micky durch den seltsamen neuen Fall ist (S. 19/20). Zu „Micky und die vierte Dimension“ bietet die Duckipedia hier einen lesenswerten enzyklopädischen Artikel. Hobrowili (Diskussion) 21:21, 7. Jan. 2025 (CET)
Die geklaute Klaue der Kali[Bearbeiten]
„Diese Platte hat Seltenheitswert!“ (Minni beschenkt Freunde mit exklusivem Geschmack und – was sie aber noch nicht weiß – krimineller Energie)
Micky und Goofy werden durch Minni in das Haus Matthias Mummes eingeführt, eines Sammlers seltener Kunstschätze. Das Geschenk Minnis für den anstehenden Geburtstag Mummes, eine Platte mit den Aufnahmen javanischer Dürregesänge, versteckt die Gattin des Hausherrn in einem Spalt im Innern des Kamins. Bei dem kleinen Empfang anwesend sind außerdem die Filmschauspielerin Vicky Wachtel, der Fußballer Sepp Wurzel sowie der Wissenschaftler Professor Toiko, ein Japaner. Da wird die Gesellschaft durch einen Diebstahl aufgeschreckt: Einer Skulptur der Göttin Kali, dem Mittelpunkt von Mummes Sammlung, wurde der aus einem unbekannten, einem Saphir ähnlichen Fingernagel des Mittelfingers der oberen rechten Hand entwendet. Micky wird noch am Ort engagiert, das Verbrechen aufzuklären. Jeder der anwesenden Gäste nebst dem indischen Diener macht sich sogleich verdächtig. Von der kommenden Nacht an hält eine geheimnisvolle Diebstahlsserie die Stadt in Atem. Die Einbrüche werden von schauerlichem Lärm begleitet, außerdem wird eine kleine Kali-Statue mit dem darüber eingeritzten Schriftzug „bah!“ zurückgelassen. Die Gäste Mummes, denen Micky und Goofy der Reihe nach nachstellen, erweisen sich allesamt als harmlos. Schließlich doch eine Spur: Alle Einbruchsopfer hatten eine Platte der javanischen Dürregesänge in ihrer Sammlung. In dem Schallplattenladen, der als einziger die Platte führt, erhält Micky eine Käuferliste. In alle Häuser der Kunden scheint der Dieb bereits eingestiegen zu sein, es fehlt nur noch eines: das von Minni!... Mit Goofy lauert er dem Einbrecher auf, doch o schreck, es scheint die Göttin Kali höchstselbst zu sein! Die Göttin entwischt, hat aber im Eifer des Gefechts ihren Saphir verloren. Nun enthüllt sich für Micky peu a peu das Geheimnis: Das vermeintliche Gekreisch waren die mit dem Kali-Saphir abgespielten Platten. Micky bekommt heraus, dass die Platten mit dem Ozeandampfer „Lilly“ nach Entenhausen gekommen waren. Und auf der Passagierliste steht ein Micky wohlbekannter Name… Micky bestellt alle Gäste von damals in das Hause Mummes. Er zaubert aus dem Kamin die Platte mit den javanischen Gesängen hervor und legt sie auf. Mit dem Saphir als Nadel gibt es diesmal kein Gekreisch, sondern militärische Durchsagen. Der Hausherr Matthias Mumme, ein gefährlicher Spion, versucht sich durch Waffengebrauch der Enttarnung zu entziehen, doch Kommissar Hunter, der hinter dem Vorhang gewartet hat, ist schneller. Mumme gesteht: An Bord der „Lilly“ reisend, hatte er, die Enttarnung fürchtend, die heiße Ware in einer Kiste mit Platten desselben Titels versteckt, war nach dem Anlegen wegen eines Unfalls aber nicht mehr dazu gekommen, die Kiste wieder in Empfang zu nehmen. So kam er auf den Gedanken, den Diebstahl des Nagels zu fingieren und sich als Kali verkleidet in die Häuser der Käufer zu schleichen. Der Fall ist gelöst - Micky, Minni und die anderen treten hinaus in die kalte, neblige Nacht…
Die Geschichte ist ziemlich genau ein Jahr vor der „vierten Dimension“ entstanden und wurde im März 1958 veröffentlicht. In Spannung und Atmosphäre ist das Werk vielleicht der Höhepunkt im Schaffen des Romano Scarpa jener Zeit. Der angenehme Grusel steigert sich von Seite zu Seite, bis es zur direkten Konfrontation Mickys mit der – mit vier Pistolen bewaffneten – „Göttin Kali“ kommt (S. 122). Danach wird der Fall rasch, aber keineswegs hastig durch Scarpa und Micky der Auflösung entgegengeführt. Die Erzählstruktur mit einem eindeutigen Spannungsaufbau, -kulmination und -abfall ist wunderbar durchkomponiert. Interessant, dass sich im Aufbau die Spannungsteile recht eindeutig von den hier weniger bedeutsamen Gagteilen unterscheiden lassen. Letztere, in denen nicht zufällig Goofy eine wichtige Rolle hat, finden sich v.a. am Anfang (S. 88-93) sowie auf S. 106-113, als sich alle zunächst noch so aussichtsreich scheinenden Spuren zu den Gästen Mummes als falsch erweisen. In dem Konzept zum Skript tritt, während derjenige Alfred Hitchcocks noch kaum spürbar ist, der Einfluss Gottfredsons gegenüber zwei literarischen Vorbildern zurück: Edgar Wallace und Agatha Christie. Ersterer ließ ja gerne Gangster in außergewöhnlichen Verkleidungen ihre Verbrechen begehen (z.B. „Der Frosch mit der Maske“), und es gibt auch einen Roman („Der Dieb in der Nacht“), in dem es um den Diebstahl eines Diamanten der Göttin Kali ging. Derartige schauderhafte Orientalismen scheinen ohnehin ein beliebtes Sujet der trivialen Literaturgattungen Mitte des 20. Jahrhunderts gewesen zu sein. Nicht abstreiten lässt sich zudem die Verwandtschaft mit den Krimis von Agatha Christie, deren Motive „Die geklaute Klaue der Kali“ imitiert und persifliert: Eine mysteriöse Tat geschieht inmitten einer Gästeschar, aus der jeder Einzelne verdächtig ist. Nach den Ermittlungen lässt der Detektiv, meistens Hercule Poirot, die Gäste ein weiteres Mal zusammenrufen, für die er die Auflösung erklärt und den Täter entlarvt. Schon bei Agatha Christie passt die Plausibilität des Falles häufig nicht hundertprozentig, und leider ist dies auch eine Schwäche von Scarpas Meisterwerk: Wie kommt es, dass neben Mummes präparierter Platte mit den javanischen Dürregesängen noch eine weitere Kiste mit Exemplaren desselben Titels an Bord der Lilly reist? Ist die Planung, dass die militärischen Anweisungen nur mit der Kali-Klaue hörbar gemacht werden können, nicht arg an den Haaren herbeigezogen, mal abgesehen davon, dass das gar nicht erwähnt wird, sondern sich der Leser dazureimen muss? Wieso der ganze Aufwand, den Diebstahl der Klaue zu fingieren, wenn das alle Ermittler erst richtig darauf bringen muss, dass diese Klaue etwas ganz Besonderes ist? Wieso nimmt Mumme, statt sie am Tatort anzuhören und dabei herumzulärmen, die Platten nicht einfach mit nach Hause, um sie dort in Ruhe auszuprobieren? Sich als Kali verkleiden, eine kleine Statuette zurück- und ein „bah!“ hinterlassen kann er ja trotzdem, auch wenn man sich auch hier fragt, warum eigentlich?... Das sind keine Bagatellen in einer Kriminalgeschichte, die ja durchaus auch zum Mitraten über den Täter einlädt – Abzüge also in der B-Note. Zur „geklauten Klaue der Kali“ bietet die Duckipedia hier einen kurzen enzyklopädischen Artikel. Hobrowili (Diskussion) 21:21, 7. Jan. 2025 (CET)
Micky und der Aztekenschatz[Bearbeiten]
„Tag, Micky! Was machst du denn hier?“ – „Na, vielleicht hast du mich aus Versehen mit deinem Gerümpel aus dem Fenster geschmissen!“ – „Das könnt‘ sein. Aber macht nichts! Komm nur wieder rein!“ (Micky will ironisch sein, beißt bei Goofy aber auf Granit)
Micky und Goofy lassen sich vom Archäologen und Aztekologen Professor Grabsch bestätigen, dass die quadratische Münze, die Goofy beim Aufräumen des Speichers in einer alten Kiste seines Onkels Guggy gefunden hat, etwas ganz Besonderes und äußerst wertvoll ist. Grabsch will unbedingt nach Querotal gelangen, wo Guggy lange Zeit gelebt hat. Der Palast des Königs Querotal, in dem weitere Schätze vermutet werden, ist nämlich noch nie gefunden worden. Grabsch dringt aggressiv in Goofy, doch der will erstens nichts verraten und zweitens sieht er den Ort von dem sein Onkel erzählt hat, nur manchmal im Schlaf. Grabsch engagiert den ehemaligen Häftling Natter und rückt Micky und Goofy abermals auf die Pelle. Sie fesseln die beiden, Goofy spricht im Schlaf, und bald schon machen sich Grabsch und Natter, gefolgt von Micky und Goofy, die sich befreien können, auf den Weg nach Dreikuppen in Mexiko. Alle suchen einen Berg im Meer, doch spät kommen sie darauf, dass es sich nicht um ein Meer aus Wasser, sondern aus Wucherpflanzen handelt. Micky und Goofy stürzen kopfüber in eine Höhle unterhalb der Burg Querotal, in der gerade Grabsch und Natter lagern, und verlieren das Bewusstsein. Dabei zerspringt auch ein Krug, bis zum Rand gefüllt mit quadratischen Querotal-Münzen. Grabsch sieht den Wert solcher Münzen derart geschmälert, dass er den Eingang zur Höhle mit Dynamit sprengen lässt. Micky und Goofy entkommen aus der Höhle mithilfe von zu Ballons umfunktionierten Schlauchboot und Gummifisch aus der Schwimmausrüstung, die Goofy im Irrglauben mitgeschleppt hatte, die Reise gehe ans Meer. Eine Woche später, zurück in Entenhausen, sucht Grabsch Micky und Goofy auf. Im Kampf fällt ein weiterer Krug mit quadratischen Münzen von einem Schrank in Goofys Wohnung und zerspringt. Am Ende ist der saubere Aztekologe also doch reingefallen…
Speziell am Anfang der Zeichnerkarriere Giovan Battista Carpis hingen seine Leistungen von den Skripten ab, die er umzusetzen hatte. Guido Martina gab ihm im Jahr 1957 diese nur äußerst mittelmäßige Schatzsuche vor. Ein paar Pluspunkte sammelt sie zwar durch die Gestalt des Professors Grabsch, eines verbrecherischen Altertumsforschers ohne jedes Wissenschaftlerethos. Doch über weite Strecken langweilt das Ganze einfach, was im Kontext dreier genialer Scarpas in diesem Band besonders auffällt. Ich greife zwei auffallende Schwächen mal heraus: Die Burg Querotal, auf die uns am Anfang der Mund so wässrig gemacht wird, ist einfach total unattraktiv umgesetzt. Als Micky am Eingang zum „Pflanzenmeer“ vor Dreikuppen stehend sagt, „man sieht sogar Ruinen von einer Burg auf der Spitze“ (S. 178), dann wäre es ja schön gewesen, wenn der Leser diese hätte auch sehen können. Und ein paar Panels weiter stapfen Micky und Goofy bereits unvermittelt in Nahansicht durch die Palastanlage. Eine großzügige Totale der Burg hätte für Carpi wohl zu viel zeichnerischen Aufwand bedeutet. Außerdem ist dieser gesamte Epilog mit dem Besuch Grabschs bei Goofy und Micky für die Tonne. Es gibt gar keinen Grund für den üblen Aztekologen, seine beiden Entführungs- und Mordversuchsopfer „gesund und munter“ wiedersehen zu wollen, zumal er ihnen dann auch noch seine Vergehen an ihnen frank und frei gesteht. Mit der Logik hapert es in den italienischen Disney-Comics sowieso oft gewaltig, aber das sind einfach Skript-Fehler, die sicher leicht zu vermeiden gewesen wären, wenn Guido Martina nicht so schnell-schnell hätte arbeiten müssen. Hobrowili (Diskussion) 21:21, 7. Jan. 2025 (CET)
Ein entfernter Verwandter[Bearbeiten]
„Was hältst du von meinem Vetter, Micky?“ – “Ihr gleicht euch wie ein Ei dem anderen! In allem!“ (Micky ist erschöpft davon, es jetzt mit zwei Exemplaren dieser Marke zu tun zu haben)
Ein Vortrag des Afrikaforschers Professor Löwenherz bringt Micky und Goofy auf die Spur von Goofys Vetter Grooby, der vor 20 Jahren aus Entenhausen verschwand, „da ihm das Essen hier nicht mehr geschmeckt“ hat (S. 201), und jetzt offenbar als Tarzan-Verschnitt im Dschungel lebt. In Afrika sind die beiden dann nicht nur mit wilden Affen, Löwen und Hyänen konfrontiert, sondern auch mit Kater Karlo, der in einer Spezialmission unterwegs ist. Als der Vetter schließlich gefunden ist, stellt sich heraus, dass dieser neben seinem wilden auch ein zivilisiertes, ja luxuriöses Leben führt, mit Dienern, Auto, Villa und eigenem Freiluft-Kino. Sein Geld hat er mit einer Art strahlendem Super-Material gemacht, hinter dem auch Karlo her ist. Doch am Ende des Showdowns wird der Schurke durch einen Fußtritt des geheimnisvollen Mineralien-Bergs aus der Geschichte hinauskatapultiert. Grooby sieht dennoch nach den letzten Geschehnissen sein ruhiges Einsiedlerleben in Gefahr und will mit Micky und Goofy nach Entenhausen zurückkehren. Doch schon an Bord des Ozeandampfers sorgt sich Grooby so sehr um seine Geranien und Margeriten, die er im Dschungel ungegossen zurückgelassen hat, dass er wieder von Bord springt und an die Küste seines geliebten Afrikas zurückkrault. „Äh… Sollen wir ihn schwimmen lassen?“ – „Na klar, Goofy! Wenn er es so will!“…
Die im März 1957 im „Topolino“ ersterschienene Geschichte war die fünfte, die Romano Scarpa sowohl schrieb als auch zeichnete, die dritte mit der Maus, und die mit 55 Seiten bis dahin längste. Dem Wiederabdruck im „I Classici“ (und damit auch später der LTB-Version) fielen zwei Seiten zum Opfer, darunter leider die herzliche Erstbegrüßung Goofys mit seinem verschollenen Cousin. Diese Szenen fehlen zwischen dem fünften und sechsten Panel auf S. 226. Gegenüber den beiden späteren Werken Scarpas in diesem Band fällt die viel geradlinigere Handlung ohne Ortswechsel oder erzählstrukturelle Finesse auf. Nichts lenkt die Aufmerksamkeit von den äußerst temporeichen, meist auch zündenden Gags ab. Scarpa steht in seiner Auffassung vom Comic eben noch komplett in den Fußstapfen der amerikanischen Comic-Strips und speziell Floyd Gottfredsons, dem er in der Folge – siehe oben – allmählich entwuchs bzw. sich sein Vorbild spielerisch anverwandelte. Im Vorübergehen ist „Ein entfernter Verwandter“ eine herrliche Tarzan-Persiflage. Auch in Italien war der Stoff durch die Romane, die Spielfilme und die Comics im Jahr 1957 natürlich wohlbekannt und nicht mehr wegzudenkender Teil der Populärkultur. Wunderbar gelingt Scarpa der ironische Bruch mit der Tradition des „Affenmenschen“, der, von Tieren aufgezogen, mit der Natur lebt und die Zivilisation verabscheut, indem er Grooby als souveränen Wandler zwischen den Welten skizziert, der nach Lust und Laune mal das eine, mal das andere Leben führt. Hobrowili (Diskussion) 21:21, 7. Jan. 2025 (CET)
Fazit[Bearbeiten]
Fast drei Viertel des Bandes gehören dem italienischen „Maestro“, dem Meisterautor und -zeichner Romano Scarpa. Alleine diese Tatsache macht den Band zu einem der besten der gesamten LTB-Reihe. Und dann sind es auch noch drei Meisterwerke der Frühzeit, die über eine subtile, aber doch erkennbare Entwicklung der Künstlerpersönlichkeit in den Jahren 1957 bis 1959 Auskunft geben. Hobrowili (Diskussion) 21:21, 7. Jan. 2025 (CET)