Die Jagd nach dem Phantom
Die Jagd nach dem Phantom | |
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Jagd auf das Phantom; Micky Maus und die Jagd nach dem Phantom | |
Outwits the Phantom Blot | |
Erstveröffentlichung: | 20.05.1939–09.09.1939 |
Entstehungsdatum: | 1939 |
Storycode: | YM 039 |
Story: | Merrill de Maris |
Zeichnungen: | Floyd Gottfredson |
Tusche: | |
Seiten: | 97 Tagesstrips, 32 Seiten in der FGL |
Format: | Zeitungsstrip |
Deutsche Übersetzung: | Unbekannt |
Deutsche Erstveröffentlichung: | Ich Goofy 1 |
Weiterführendes | |
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Infos zu Die Jagd nach dem Phantom beim I.N.D.U.C.K.S. | |
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Die Jagd nach dem Phantom (auch Jagd auf das Phantom und Micky Maus und die Jagd nach dem Phantom, Englisch Outwits the Phantom Blot) ist eine Comicgeschichte in Form von Tagesstrips aus dem Jahre 1939 von Floyd Gottfredson (Plot und Zeichnungen), Merrill De Maris (Skript), sowie Bill Wright und Ted Thwaites (Tuschereinzeichnungen). In der Geschichte treten sowohl Das Schwarze Phantom als auch Kommissar Hunter zum ersten Mal auf. Sie wird von vielen als bestes Abenteuer von Floyd Gottfredson und sogar als eine der besten Maus-Geschichten überhaupt angesehen.
Figuren[Bearbeiten]
Handlung[Bearbeiten]
Kommissar Hunter bestellt Micky wegen eines unlösbaren Rätsels zu sich ein. Doch schon auf dem Weg zu ihm wird der unbemerkt von einer mysteriösen Gestalt im schwarzen Umhang beschattet, die es offenbar nicht mag, dass er sich zur Polizei begibt. Bei Hunter wird er dann aufgeklärt: Es geht um das „Schwarze Phantom“, das der Polizei ganz schön zu schaffen macht. Sie hat bereits einen Drohbrief bekommen, in dem Hunter dazu aufgefordert wird, sich mit anderen Sachen zu beschäftigen, damit er und seine Mitarbeiter noch das Morgen erleben können! Und Hunter ist noch mitten in den Erklärungen, als Micky plötzlich einen Zettel auf dem Rücken des Kommissars findet: Ein weiterer Drohbrief vom Phantom, in dem dieser nun auch Micky mit dem Tod droht! Wie ist das Phantom unbemerkt in den Raum gekommen? Und wo ist es jetzt? Da geht das Licht aus und einige Schläge später befindet sich Micky in einem anderen Raum inmitten einer ausgeklügelten Todesfalle…
Doch er schafft es, sich zu befreien. Nun widmet er dem mysteriösen Phantom sein gesamtes Interesse und macht sich an die Detektivarbeit, parallel zu Inspektor Issel, der allerdings nicht gerade erfolgreich ist. Doch je mehr er herausfindet, desto seltsamer erscheint ihm der Fall, denn anscheinend ist das einzige Ziel des Phantoms eine ganz bestimmte Art von Kameras ohne jegliche Besonderheit, von der er jede einzelne klaut, egal, ob aus dem Handel oder aus Haushalten! Daraufhin öffnet er sie und lässt sie dann zerstört zurück, aber ohne etwas entnommen zu haben. Noch seltsamer: Offenbar hat das Phantom es nur auf eine ganz bestimmte Ladung aus dem Ausland abgesehen, von den anderen lässt er die Finger. Mysterien über Mysterien. Noch dazu hat das Phantom es gar nicht gern, dass man die Nase in seine Angelegenheiten steckt. Im Gegenteil: Wieder entführt er Micky und stellt ihm eine grauenhafte Todesfalle…
Aus der Micky aber wieder entkommt! Nun hat er eine Idee: Wie er herausgefunden hat, bestand die gesuchte Ladung aus 250 Kameras. 237 davon wurden bereits gestohlen und anscheinend hat das Phantom hier noch nicht gefunden, was er gesucht hatte. Also muss sich das Geheimnis in einem der 13 übrigen Geräte befinden. Als Miniaturausgabe des Schwarzen Phantoms macht Micky sich nun also ebenfalls ans Kamerastehlen, um dem Geheimnis auf die Spur zu kommen. Schließlich muss er dafür sogar einem kleinen Kind seine heißbeliebte Kamera entreißen. Und tatsächlich: In ihr befindet sich ein Zettel! Doch wieder einmal hatte er nicht mit dem Scharfsinn des Phantoms gerechnet, das ihm wieder auf der Spur war. Micky hat gar nicht erst die Zeit zu lesen, entkommt trotz verzweifelten Versuchs nicht und befindet sich wieder in einer gnadenlosen Todesfalle, dieses Mal ausgeklügelter als jemals zuvor!
Doch wieder einmal schafft er es wie durch ein Wunder, zu fliehen. Es folgt eine halsbrecherische Verfolgungsjagd mit dem Phantom, bei der dieses nun sogar eigenhändig auf Micky schießt, um ihn endlich auszuschalten – doch am Ende sind List und Glück auf Mickys Seite und das Phantom kann verhaftet werden. Auf der Polizeistation packt es dann endlich aus: Auf dem Zettel befindet sich eine chemische Formel, die zu Kriegszwecken verwendet werden könnte. Einer seiner überseeischen Kunden war an ihr interessiert und beauftragte das Phantom, sie für ihn zu klauen. Doch die Polizei war ihm auf den Fersen und es musste in den Laderaum eines Frachtschiffes fliehen, wo es den Zettel mit der Formel in einer Kamera versteckte. Als es kurz darauf zurückkehrte, musste es feststellen, dass die Kameras bereits verkauft wurden! So musste das Phantom jede einzelne Kamera dieser Ladung suchen, um endlich die richtige zu finden. Schließlich aber scheiterte es an Micky, den es eigentlich sofort hätte ausschalten sollen! Ja, warum hat es das eigentlich nicht gleich gemacht, sondern sich immer auf irgendwelche abstrusen Fallen verlassen? Nun, tatsächlich hat das Phantom ein so weiches Herz, dass es niemanden sterben sehen kann…
Bedeutung[Bearbeiten]
Die Jagd nach dem Phantom markiert den Erstauftritt von zwei der denkwürdigsten Figuren des Maus-Universums. Erst einmal wäre da Kommissar Hunter, der liebenswürdige Polizist, der dem Leser durch seine Ehrlichkeit und hier auch seine Klugheit sofort ans Herz wächst (auch im Kontrast zu Inspektor Issel, der hier seinen zweiten Auftritt hat und dessen Selbstüberschätzung und Trotteligkeit nun in ihrer Gänze eingeführt werden) und schnell zum festen Bestandteil der Geschichten rund um Micky Maus wird. Doch vor allem feiert hier der wohl bedrohlichste aller Feinde von Micky Maus Premiere: Das Schwarze Phantom, das sich bereits in seinem Erstauftritt voll entfalten kann, sich von seiner erbarmungslosesten, gefährlichsten, effizientesten, geheimnisvollsten, aber auch sentimentalen Seite zeigt und sich somit sofort als einer der am besten ausgearbeiteten und verstörendsten Gegner Micky Maus’ profiliert.[1]
Doch nicht nur durch ihre Figuren wird die Geschichte zu einem der außergewöhnlichsten Gottfredson-Abenteuer: Über Erzählung und Zeichnungen schaffen die Künstler es, eine spannende, düstere, beunruhigende und intelligente Kriminalgeschichte zu stricken, die von vielen als eine der besten Gottfredson-Geschichten, ja als eine der besten Maus-Geschichten überhaupt gesehen wird. Das spiegelt sich unter anderem auch in der Inducks-Bewertung wieder, wo sie auf dem 20. Platz aller Disney-Comics liegt und somit die bestplatzierte Maus-Geschichte ist (Stand Januar 2023).[2] Durch diese Beliebtheit hatte sie auch großen Einfluss auf künftige Disney-Comics: Von Guido Martina und Romano Scarpa, die mit heute fast ebenso erfolgreichen Geschichten wie Das doppelte Geheimnis des Schwarzen Phantoms (Fortsetzung von Die Jagd nach dem Phantom) oder Die Kralle der Kali (mit einem sehr ähnlichen Muster, von Scarpa allein) dem Gottfredson-Klassiker Tribut zollten. Die Jagd nach dem Phantom inspirierte wohl Generationen von Künstlern. In der modernen Phantom-Saga machten es sich Casty und Marco Nucci zur Aufgabe, wieder den Geist des klassischen Schwarzen Phantomis von Gottfredson zu aufkommen zu lassen und den Charakter der Figur zu schärfen.
Die Geschichte hatte also allein schon durch die in ihr eingeführten Figuren, aber auch durch ihre Klasse und die daraus folgende große Beliebtheit einen unglaublichen Einfluss auf den späteren Disney-Comic und kann daher zu den bedeutendsten Geschichten des Maus-Universums gezählt werden!
Hintergrund[Bearbeiten]
Entstehungsgeschichte[Bearbeiten]
Die mysteriöse Figur des Schwarzen Phantoms spukte schon seit Jahren in Gottfredsons Kopf herum. Dunkel gewandete Bösewichte waren schon seit den frühen Fantômas-Filmen Standardfiguren im Kino und faszinierten Gottfredson; auch in seinem ersten Micky-Maus-Strip (Micky Maus im Tal des Todes) tauchte der von Walt Disney erfundene „Fuchs“ im schwarzen Umhang auf und ähnliche Figuren waren dann später auch im Cartoon Der verrückte Arzt oder dem Abenteuer Der Fledermausbandit von Inferno Gulch zu sehen. So formte sich in Gottfredsons Gedanken nach und nach der unheimliche Bösewicht. Um den wollte er dann eine Mystery-Geschichte erzählen, für die Merrill de Maris den Plot mit gestohlenen Kameras vorschlug:
- „Ich hatte einen Charakter vor Augen, der genau so aussah und mit dem wir eine Mystery-Geschichte erzählen. Merrill schlug einen Plot vor, in dem es um gestohlene Kameras ging und der an der Küste spielte.“
Auch für die verrückten Fallen des Phantoms, nach dem Prinzip der Rube-Goldberg-Maschine, gab es schon Vorläufer: Ihren Ursprung dürften sie in Mickys verzweifelten Selbstmordversuchen in Herr Fatzke und die Eierdiebe haben, sowie in der sich selbst auslösenden Schrotflinte in Der große Waisenhausraub. Für Gottfredson lösten sie vor allem ein großes Problem, denn er durfte in seinen Skripts keine Gewalt zeigen, sondern musste diese ironisiert darstellen. Gleichzeitig ermöglichte das den Autoren, das Phantom gleich noch um einen besonderen Charakterzug reicher zu machen: Es hat so ein „weiches Gemüt“, dass es sich auf verquere Art der Verantwortung für den Mord entziehen will – schließlich ist es nie da, wenn es soweit ist und die Fallen werden immer vom Opfer ausgelöst![3]
Thematik[Bearbeiten]
Die Geschichte erschien nur wenige Monate vor dem Beginn des Zweiten Weltkrieges, als Hitler bereits den Anschluss Österreichs durchgeführt hatte und seinen Angriff auf Polen vorbereitete. Sie ist voller Paranoia und spiegelt das Gefühl wider, dass die Bedrohung offenbar schon ganz nah ist und die Nazis möglicherweise sogar eines Tages in den USA einmarschieren könnten! Für diese Angst ist das Phantom sinnbildlich: Es taucht überall auf und keiner kann ihm entkommen. Außerdem ist diese düstere und bedrohliche Figur, wie sich am Ende der Geschichte herausstellt, eigentlich ein Agent, der für Kunden in „Übersee“ arbeitet, denen er eine Formel aus amerikanischen Fabriken geben soll – die Anspielung an die mächtigen Feinde der USA auf den anderen Seiten der Ozeane ist offensichtlich.[3]
Auch Gottfredsons hin und wieder durchscheinender Zynismus tritt hier offen zutage, indem er die klare Grenze zwischen dem guten Micky und dem bösen Phantom verwischen lässt: Während das Phantom eine sehr sentimentale Seite kriegt, muss sich der stets tugendhafte Micky die Hände schmutzig machen, um an sein Ziel zu kommen, selber zum Dieb werden und schließlich sogar einem hilflosen kleinen Mädchen die Kamera entreißen! Laut Thomas Andrae symbolisiert diese schwierige Situation am Vorabend des Krieges die Angst davor, dass der Krieg uns auf eine Stufe mit unseren Feinden stellt.[3]
Remakes[Bearbeiten]
Aufgrund ihrer großen Beliebtheit kann diese Geschichte gleich drei Remakes vorweisen. Bereits 1949 wurde sie für einen Nachdruck im Heftformat ummontiert und teilweise von Dick Moores neu gezeichnet. Weit interessanter ist allerdings die Neufassung von 1955: Aufgrund der sehr schwierigen Stellung von Comics in den USA der 1950er Jahre durch selbsternannte Moralapostel, die eine Verrohung der Jugend befürchteten, wurde ein Abdruck der Geschichte wegen der sehr ernsten Thematik und der fiesen Todesfallen immer schwieriger. Daher ließ der Verlag von Paul Murry eine neue Version der Geschichte zeichnen.[4] In dieser zeichnete er nicht nur einige Strips originalgetreu nach (wahrscheinlich, weil die Originalvorlagen verschwunden waren), sondern auch einige um – mit Vorliebe die Todesfallen, die er allesamt entschärfte und weniger bedrohlich erscheinen ließ. So wird in der ersten die Pistole durch einen großen Hammer ersetzt, in der zweiten soll Micky nicht mehr erhängt sondern von einem Schwertfisch angegriffen werden und in der dritten wird die Selbstauslöserpistole gegen eine fast schon alberne Schildkröte ausgetauscht. Ein drittes Remake der Geschichte erschien schließlich 1994 in Form eines neuen, stark verkürzten Zeitungsstrips von Gary Whitney und Rick Hoover.
Trivia[Bearbeiten]
In Allein gegen Entenhausen (LTB 251) von Carlo Panaro und Andrea Ferraris wird auf Die Jagd nach dem Phantom Bezug genommen. Micky sucht in dieser Geschichte wieder das Versteck in seinem Garten auf, das durch einen Blumentopf getarnt ist und wählt anschließend eine ähnliche Tarnung wie im Gottfredson-Klassiker. Micky gibt an, dass er das Versteck lange nicht benutzt hatte und eigentlich längst aufgeben wollte.
Deutsche Veröffentlichungen[Bearbeiten]
- Ich Goofy 1 (1975)
- The Complete Daily Strip Adventures of Mickey Mouse 1930-1955 10 (etwa 1980)
- Die großen Klassiker 7 (1994)
- Micky Maus Extrahefte 16/2001 (2001)
- Alles über Micky Maus (2013)
- Floyd Gottfredson Library 5 (2021)
Einzelnachweise[Bearbeiten]
- ↑ Francesco Stajano & Leonardo Gori: Phantome, Furcht und Vorahnungen. Floyd Gottfredson Library 5, Egmont Ehapa Media, Berlin 2021, S. 160
- ↑ Top 100 im Inducks
- ↑ 3,0 3,1 3,2 Thomas Andrae: Von Mäusen und Menschen. Floyd Gottfredson Library 5, Egmont Ehapa Media, Berlin 2021, S. 8
- ↑ Hinter den Kulissen: Das gezähmte schwarze Phantom. Floyd Gottfredson Library 5, Egmont Ehapa Media, Berlin 2021, S. 268–272.